Beispiel Krebstherapeutika - Patentschutz braucht langen Atem

(v.l.): Sebastian Bäumer, Nicole Bäumer, Wolfgang Berdel
Foto: Uni MS/E. Wibberg

Von der Idee bis zur Zulassung eines neuen (Krebs-)Medikamentes werden Finanzmittel in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe benötigt. Diese werden nur dann investiert, wenn es einen unzweifelhaft sicheren Schutz des geistigen Eigentums – der Intellectual Property oder IP - durch die Erfinder*innen in Form von Patenten gibt. Sich dieses Umstands bewusst, haben die Krebsforscher Dr. Nicole Bäumer, Dr. Sebastian Bäumer und Prof. Wolfgang Berdel aus der Medizinischen Klinik A bereits 2014 über die Patentierung ihrer damals neu entwickelten Darmkrebstherapie mit Clinic Invent nachgedacht.

Leider erwies sich die Darstellung der Erfindung zunächst noch zu nah an schon vorhandenen Patenten. Vom Therapiekonzept überzeugt, forschten sie weiter und kamen 2019 mit einer Entwicklung gegen Leukämie zu Clinic Invent. Ein Faktencheck über den Patentanwalt ergab den nächsten Schock: Immer noch zu nah an anderen Erfindungen! 

Diesmal sollte aber aus einer kurzen Frustration schnell ein Umdenken werden. Das konnte und durfte nicht das Ende ihrer neu erfundenen Möglichkeit für eine Krebstherapie sein! Stärken und Schwächen aus juristischer Sicht wurden neu überdacht, das Herstellungsverfahren der Therapieplattform auf den Kopf gestellt und im Labor umfassend geprüft. Auf diesem Weg wurden völlig neue und unerwartete Ergebnisse gesehen - und das fast Unmögliche erreicht: Die Herstellung des für den Erfolg der Therapie wichtigen ELART-Nanocarriers konnte in zwei Patentfamilien 2020 und 2021 in enger Zusammenarbeit mit Clinic Invent und der Patentanwaltskanzlei endlich eingereicht werden. 

Nun wurden die drei notwendigen Kriterien für einen Patentschutz laut Prüfung vom Europäischen Patentamt erfüllt: „Neuheit“ (einen solchen therapeutischen Nanocarrier hat noch niemand erfunden), „Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit“ (die Zusammensetzung des Nanocarriers ist so von anderen bisher nicht erdacht worden und war nicht offensichtlich) und „gewerbliche Anwendbarkeit“ (diese Nanocarrier können potentiell therapeutisch eingesetzt und damit vermarktet werden). 

Damit endete auch das für eine Forschungsgruppe sehr schwierige akademische „Schweigegelübde“, welches die Forscher sich bis zum Anmeldetermin auferlegen mussten, denn vor einer Patentanmeldung dürfen keine Details über die Erfindung in Vorträgen, Posterbeiträgen oder sonstigen Publikationen nach außen dringen, was z.B. das parallel weiter überlebenswichtige Einwerben von Drittmitteln schwierig gestalten kann.

Mittlerweile sind zwei Patente angemeldet und in enger Kooperation mit Clinic Invent und der Universität werden nun die nächsten Schritte eingeleitet, damit diese ermutigende Erfindung auch aus IP-Gesichtspunkten zu einem Medikament entwickelt werden kann. Der Grundstein dafür wurde über die Sicherung der Schutzrechte gegen alle Widerstände gelegt.