SFB-TRR58 „Furcht, Angst, Angsterkrankungen"
erfolgreich abgeschlossen nach mehr als 12 Jahren der Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
Zusammenfassung
Furcht (das Gefühl der konkreten Bedrohung beispielsweise durch eine Person oder ein Objekt) und Angst (das diffuse Unbehagen in einer als bedrohlich empfundenen Situation) sind wichtige adaptive Komponenten des Verhaltens, die in Erwartung oder Beantwortung von Reizen mit potentiell schädlichen Konsequenzen generiert werden. Angst oder angstähnliche Zustände scheinen Teil einer universellen Überlebensstrategie zu sein, in der die interindividuelle Variabilität ein evolutionäres Prinzip des Überlebens von Populationen widerspiegelt. Allerdings können anhaltende Variationen oder eine extreme Störung dieser Verhaltensmechanismen zu exzessiven und in Bezug auf die Situation unangemessenen Reaktionen führen, die durch den Betroffenen kaum kontrollierbar sind: zum Beispiel eine andauernde Angst nach Ende der eigentlich bedrohlichen Situation, ein Wiedererleben von Erfahrungen mit extremer Angst, oder eine omnipräsente, für den Außenstehenden kaum erklärliche Ängstlichkeit. Pathologische Formen derartiger Zustände sind Panikstörung, Phobie, Posttraumatische Belastungsstörung und Generalisierte Angsterkrankung. Angsterkrankungen zählen nicht nur zu den häufigsten psychischen Störungen (Lebenszeitprävalenz 14-29% in der EU), sondern auch zu denjenigen mit frühestem Krankheitsbeginn. Die Krankheit führt zu erheblichen Beeinträchtigungen von Lebensqualität, Lernvermögen, Arbeits- und Berufstätigkeit. (cf Neuroforum 3.13, September 2013. Springer-Spektrum. D 13882 F ISSN 0947-0875).
Eine wissenschaftlich systematische Analyse dieser Emotionen und ihrer pathologischen Alteration erfordert eine interdisziplinäre Strategie, die einerseits auf die Erfassung von Detailmechanismen zielt, und die andererseits in hinreichender Breite translationale Ansätze in Richtung verbesserter Kenntnis von Risikoprofilen für die Erkrankung sowie neue Diagnose- und Therapieentwicklungen zulässt. Mit diesem strategischen Ansatz wurde der transregionale Sonderforschungsbereich „Furcht, Angst, Angsterkrankungen (SFB-TRR58)“ im Juli 2008 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingerichtet. Nach mehr als 12 Jahren erfolgreicher wissenschaftlicher Arbeit ist der SFB-TRR58 im Dezember 2020 abgeschlossen worden. Dieser Sonderforschungsbereich hat Wissenschaftler*innen der Universitäten Münster, Hamburg und Würzburg sowie eine eng kooperierende Gruppe der Universität Mainz vereint, die Expertisen aus Molekularbiologie, Genetik, Neurophysiologie, Verhaltensbiologie, Psychologie, Psychiatrie und der Bildgebung einbrachten.
Diese einzigartige Bündelung von Expertisen und interdisziplinärer Zusammenarbeit in diesem Forschungsgebiet schuf die Grundlage für eine wissenschaftliche Strategie, in der sich experimentelle Konzepte in tierexperimentellen Studien und Untersuchungen im Menschen gezielt ergänzten. Erkenntnisse mechanistischer Prinzipien fanden Eingang in klinisch orientierte Studien, und umgekehrt wurden Resultate aus Patientenstudien in grundlagenorientierte Experimente eingebracht. Im Ergebnis wurde die traditionell eher statische Vorstellung von „Furcht und Angst“ in ein Konzept der „Dynamik von Furcht und Ängstlichkeit“ entwickelt, in dem akute oder akkumulierte Umgebungseinflüsse in die genetische Disposition einbezogen werden und damit das individuelle Ängstlichkeitsprofil bestimmen. Mit Beginn der Förderung definierte strategische Ziele konnte der SFB-TRR58 in einer guten Dekade der Zusammenarbeit weitgehend erreichen: (i) wissenschaftlich wurde das Verständnis synaptischer Prozesse in definierten Schaltkreisen des Gehirns als Schnittstellen von Gen-Umwelt Wechselwirkungen durch die Identifizierung prädiktiver neurobiologischer Marker ergänzt, und damit Voraussetzungen für personalisierte präventive und therapeutische Interventionsstrategien geschaffen, (ii) strukturell wurden exzellente Wissenschaftler*innen eingebunden, die Bedingungen für die neurowissenschaftliche Forschung und den wissenschaftlichen Nachwuchs nachhaltig verbessert, und damit das Profil der beteiligten Universitäten geformt haben, und (iii) national wie international wurde durch Impulse und integrative Wirkung des SFB-TRR58 das Forschungsgebiet „Furcht, Angst, Angsterkrankungen“ gestärkt, und damit zukünftige Konzepte zu Studien von stress- und angstbezogenen Störungen begründet.40 beste Publikationen
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