DFG–Projekt „Geschichte der Medizinischen Fakultät der Universität Münster in der Zeit des ‚Dritten Reiches‘ und der frühen Nachkriegszeit"
Ziel des Projektes ist die Erarbeitung einer Geschichte der neuen (zweiten) Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster in der Zeit des Nationalsozialismus und der frühen Nachkriegszeit. Dafür müssen allerdings auch die vorangehenden Entwicklungen in den Blick genommen werden, so dass sich der Untersuchungszeitraum insgesamt von ca. 1925 bis 1965 erstrecken wird.
Mit einer regionalpolitisch eingebetteten Institutionengeschichte sollen die Einflüsse (Rahmenbedingungen) der regionalen und nationalen Wissenschafts- und Universitätspolitiken über die politischen Systeme hinweg erfasst werden. Die vergleichende Betrachtung medizinischer Fakultäten innerhalb der deutschen Universitätslandschaften dieses Zeitraums soll die Besonderheit – katholisches Milieu, Nähe zum Ruhrgebiet – klären. Dieser vergleichende Aspekt soll auf einer Arbeitstagung am Ende der ersten Projektphase diskutiert werden. Im Zentrum der Analyse steht dabei das Verhältnis von Wissenschaft und Politik, das in der wissenschaftlichen Debatte seit Mitchell Ash als ein „Ressourcenensemble“ aufgefasst wird. Die Beantwortung der Frage, wie sich diese Ressourcenverhältnisse in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit änderten, wird ein wichtiger Teil des Projektes sein. Daneben sollen alltagsgeschichtliche Untersuchungen Aufschluss geben über das Leben an den medizinischen Kliniken und Instituten unter den Bedingungen der Diktatur und in der frühen Nachkriegszeit. Ein weiterer Schwerpunkt, besonders der Nachkriegszeit, wird die Berufungspolitik sein. Ausgehend vom Fall „Otmar von Verschuer“ soll geklärt werden, warum gerade an der Medizinischen Fakultät der WWU Münster nach 1945 eine ganze Reihe von Wissenschaftlern mit einer exponierten nationalsozialistischen Vergangenheit berufen wurden. Hier wird vor allem nach „Netzwerken gegenseitiger Hilfe“ zu fragen sein und nach der Rolle, die Wissenschaftler der ehemaligen „Frontuniversität“ Prag in einem solchen Netzwerk gespielt haben könnten. Ein internationales Symposium soll das Projekt abschließen. Das Verhältnis von Wissenschaft und Politik unter wechselnden politischen Verhältnissen soll am Beispiel der Universitätsgeschichte und im Bezugsrahmen „Europäische Diktaturen im 20. Jahrhundert“ diskutiert werden.
Bearbeiter: Dr. Ursula Ferdinand, Dr. Ioanna Mamali M.A.
Projektleitung:Prof. Dr. Hans-Peter Kröner
Projektdauer: 2008-2012