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Raus aus der Medikamentenresistenz: Forschungsprojekt PerEpi sucht neue Wege in der Behandlung fokaler Epilepsien

Das interdisziplinäre – und zugleich internationale – Forschungsteam um Projektkoordinator Prof. Carsten Wolters (oben links): Digital vertreten bei Abstimmungsrunden sind Forscherinnen und Forscher aus Frankreich, Finnland und Deutschland (Montage: IBB)

Münster (mfm/sw) – Wenn Nervenzellen „verrücktspielen“: Epilepsie-Patienten leiden unter vorübergehenden Funktionsstörungen des Hirns, die sich in plötzlichen Zuckungen bis hin zur Bewusstlosigkeit äußern können. Epilepsie ist in der Regel gut mit Medikamenten zu behandeln – mit der Ausnahme von fokalen Epilepsien. Bei diesen – die etwa ein Drittel aller Epilepsien ausmachen – schlagen Medikamente oft nicht an. Das Forschungsvorhaben PerEpi, gefördert mit mehr als einer Million Euro durch das europäische ERA PerMed (ERA steht für European Research Area), will die Qualität der Diagnose und die Therapie verbessern. Das Projekt wird koordiniert von Prof. Carsten Wolters vom Institut für Biomagnetismus und Biosignalanalyse (IBB) der Universität Münster (WWU), der in PerEpi ein Netzwerk von Expertinnen und Experten aus Deutschland (Münster, Osnabrück, Bochum, Erlangen), Finnland und Frankreich zusammengeführt hat.

Bei der Behandlung fokaler Epilepsien sind wegen der Resistenz gegen die üblichen Medikamente Alternativen gefragt. Ein möglicher Weg: Mit Hilfe des Elektroenzephalogramms (EEG) wird die Ursprungs-Zone der Anfälle gesucht. Sie liegt häufig nur in einem kleinen Teil des Gehirns. Gelingt das Aufspüren des Anfallsursprungs, kann die betroffene Zone oft chirurgisch entfernt oder zerstört werden. Doch oftmals lässt sich die Zone nicht exakt genug lokalisieren – oder aber sie enthält elementare Funktionen wie die Sprachfähigkeit und kann daher nicht operiert werden. Eine Epilepsie-Chirurgie kommt aktuell nur bei 15 bis 20 Prozent der Betroffenen in Betracht – der Rest ist auf Medikamente angewiesen, die nicht oder nur eingeschränkt wirken.

PerEpi setzt sich große Ziele: Das internationale und stark interdisziplinäre Projekt will nicht nur die Lokalisation der Anfallsursprungszone erleichtern, sondern auch eine Alternative zu chirurgischen Eingriffen anbieten. Statt des bislang üblichen EEG soll nun eine Kombination aus einem hochaufgelösten EEG und zwei weiteren Bildgebungsverfahren genauere Ergebnisse liefern. Die kombinierten Daten, die neben der elektrischen Aktivität auch die auftretenden Magnetfelder beinhalten (Magnetoenzephalogramm, MEG), können durch komplexe mathematisch-physikalische Berechnungen die Lokalisation der Anfallsursprungszone im Gehirn optimieren. Diese Methode bietet gleich mehrere Vorteile: Dank ihrer Hilfe kann nicht nur die Erfolgschance bei einer Operation erhöht werden, sondern auch die Anzahl der Betroffenen, bei denen ein chirurgischer Eingriff überhaupt möglich wird – denn dafür muss die Anfallsursprungszone bekannt sein.

Das Besondere an PerEpi: Das Projekt entwickelt nur nicht-invasive Verfahren. Über das Verfahren zur Ermittlung der Anfallsursprungszone hinaus arbeitet die Forschungsgruppe auch an einer innovativen und praktisch nicht-invasiven Hirnstimulations-Therapie: Die Methode soll die Zahl und den Schweregrad der Anfälle reduzieren, indem Elektroden, die an der Kopfhaut befestigt werden, dem Patienten individuell angepasste Ströme verabreichen. Gelingen diese beiden Schritte, können in der Zukunft neben den Medikamenten mehr Patienten durch Epilepsiechirurgie oder Hirnstimulation behandelt werden. Das IBB arbeitet dabei vor Ort in enger Kooperation mit dem Epilepsiezentrum Münster-Osnabrück, der Klinik für Neurologie, der Klinik für Neurochirurgie, der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sowie der WWU-Mathematik. Der Förderanteil der WWU beträgt dabei ungefähr ein Viertel der Gesamtfördersumme und wird finanziert durch das Bundesgesundheitsministerium.

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