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Große Erkenntnisse im Bereich eines Tausendstel Millimeters: Uni Münster bekommt ein „Research Center for Mass Spectrometry Imaging“

Freuen sich über die Eröffnung des neuen RCMSI und die erweiterte Forschungskooperation mit der Industrie (v.l.n.r.): Dr. Jens Höhndorf (Leiter FuE, Bruker Daltonics), Rektor Prof. Johannes Wessels, Institutsdirektor Prof. Alexander Mellmann, Medizin-Dekan Prof. Frank Ulrich Müller, RCMSI-Leiter Prof. Klaus Dreisewerd und PD Dr. Jens Soltwisch sowie Dr. Michael Easterling (Director of Imaging, Bruker Daltonics) (Foto: Uni MS/E. Wibberg)

Eines der neuen MALDI-2-Massenspektrometer wird für einen Versuch vorbereitet (Foto: Uni MS/E. Wiberg)

Links: Verteilung von drei verschiedenen Zellmembranbestandteilen (Membranlipide) in einer Probe aus dem Kleinhirn der Maus bei einer Pixelgröße von 10 µm (= 10 Tausendstel Millimeter), gemessen mit einem Massenspektrometer des Typs „timsTOF fleX MALDI-2“. Rechts: Fluoreszenzmikroskopie derselben Probe, aufgenommen vor der MALDI-Untersuchung. In blau dargestellt die Zellkerne und in grün ein Strukturprotein (Abb.: Uni MS/ AG Biomedizinische Massenspektrometrie)

Münster (mfm/sw) – Was Münster und Bremen verbindet, ist nicht nur der Status als Hansestadt: Das Institut für Hygiene der Universität Münster unterhält eine enge Kooperation mit dem norddeutschen Weltmarktführer Bruker Daltonics auf dem Gebiet der Massenspektrometrie (MS). Diese bildet das Fundament für eine neue Forschungseinrichtung, die die Möglichkeiten der Hochschule bezüglich dieses Messverfahrens einen großen Schritt voranbringt: In einem modernisierten Gebäude an der Robert-Koch-Straße nimmt das „Research Center for Mass Spectrometry Imaging“ - kurz: RCMSI - offiziell seine Arbeit auf. Mit einem Finanzvolumen von rund 3,5 Mio. Euro soll hier die bildgebende MALDI-Massenspektrometrie weiterentwickelt werden - eine Technik, mit der sich Gewebeschnitte im Hinblick auf ihre chemische Zusammensetzung wie mit einem „molekularen Mikroskop“ darstellen lassen.

Wie verteilen sich Botenstoffe im Körper oder in einem Bakterienfilm? Und kommen Medikamente tatsächlich dort an, wo sie hinsollen? Neue Antworten auf diese und weitere Fragen könnten die multimodalen MALDI-Methoden liefern, die in dem neuen Zentrum entwickelt werden. „Beim Wachstum von Tumorzellen, aber auch bei bakteriellen Entzündungen ist es zum Beispiel wichtig, möglichst bereits auf der zellulären Ebene genau zu wissen, wo im Körper was passiert. Bezogen auf die MALDI-MS sprechen wir von der Visualisierung von chemischen Informationen wie Zellmembranbestandteilen auf der Tausendstel-Millimeter-Skala. Ein auf optischen Verfahren beruhendes Fluoreszenzmikroskop kann diese Informationen in der dargestellten molekularen Informationstiefe gar nicht erfassen“, erläutert Priv.-Doz. Dr. Jens Soltwisch, einer der beiden RCMSI-Forschungsleiter am Institut für Hygiene. Die Besonderheit der Einrichtung: „Wir verkuppeln hier die Fluoreszenzmikroskopie mit Massenspektrometrie-Bildgebung und das - als brandneue Entwicklung - direkt in einem einzigen Großgerät. Derart kann eine Probe an nur einem Instrument mittels verschiedener Verfahren beleuchtet werden“.

Der äußerlich eher unscheinbar wirkende Flachbau des RCMSI beherbergt unter anderem zwei von Bruker Daltonics zur Verfügung gestellte Massenspektrometer des Typs „timsTOF fleX MALDI-2“ sowie einen Mikroskopie-Scanner VS200 der Firma Evident (Olympus). Die Massenspektrometer sind jeweils mit einem zweiten Laser ausgestattet - daher der Name MALDI-2. Diese Kombi liefert für viele Anwendungen eine deutliche Leistungssteigerung und ermöglicht so erst die MS-basierte Einzelzellenanalytik. „Der Werbeslogan stimmt durchaus – mit dem Zweiten sieht man besser“, schmunzelt Prof. Klaus Dreisewerd, der zweite RCMSI-Forschungsleiter.

Erste Forschungsprojekte im neuen RCMSI-Labor laufen unter anderem mit der münsterschen Uni-Augenklinik und dienen dem besseren Verständnis der altersbedingten Makuladegeneration. Ein weiteres Vorhaben auf bundesweiter Ebene, angesiedelt in einem Schwerpunktprogramm (SPP) der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zielt ab auf die Multizellularität in mikrobiellen Biofilmen. „Dies sind hochkomplexe multizelluläre Organismen, die im Prinzip wie kleine Städte funktionieren“, schildert Prof. Dreisewerd, „Unsere Hoffnung ist, mit unserer Technik neue Erkenntnisse zu deren Organisation zu erhalten, um im Idealfall Impulse zur Entwicklung der dringend benötigten neuen Klassen von Antibiotika zu bekommen“.  Der Physiker verweist auf die aus dem SPP rührenden interdisziplinären und internationalen Kontakte: „Beteiligt sind auch zwei israelische Partner, von denen einer ab August mit uns im RCMSI forschen wird“, freut sich Dreisewerd. Auch eine Kooperation mit einem der weltweit führenden Pharmahersteller wurde bereits eingefädelt: Hier soll die Nutzung von neuen Verfahren für ein Studium der Wirksamkeit applizierter Medikamente mit Einzelzellenauflösung und höchster Empfindlichkeit im Fokus stehen.

Die MALDI-Technik schreibt am Standort Münster schon länger Geschichte: In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurde die Methode in Münster von Franz Hillenkamp und Michael Karas entwickelt. Die Arbeitsgruppe um Dreisewerd und Soltwisch führt diese Tradition erfolgreich fort: Gemeinsam mit dem Marktführer Bruker Daltonics in Bremen konnte das Team im Jahr 2020 die MALDI-2-Technik, die fünf Jahre zuvor am Institut für Hygiene entwickelt worden war, in Form des Modells „timsTOF fleX MALDI-2“ zur Marktreife führen – das nun seinerseits von den Forschenden im RCMSI genutzt wird. Die bahnbrechende Innovation wird heute weltweit vertrieben und erhielt als Anerkennung den Transferpreis 2020/21 der Universität Münster. Mit dem RCMSI geht die bewährte Münster-Bremen-Achse nun in eine vielversprechende neue Runde.

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