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Wenn Nervenzellen „durchbrennen“ - Jonas Terlau für Doktorarbeit zur Absence-Epilepsie ausgezeichnet

Von der Medizinischen Fakultät der WWU für seine Promotion zur Absence-Epilepsie im Kindesalter ausgezeichnet: Dr. Jonas Terlau (Foto: WWU/ Nadezda Felsing)

Münster (mfm/jg) – „Was wollte ich noch mal hier?“ Gelegentliche Momente geistiger Abwesenheit kennen die meisten – einige mehr, andere weniger. Bei der Absence-Epilepsie des Kindesalters treten anfallartige Bewusstseinsverluste hingegen mehrmals am Tag auf. In seiner Doktorarbeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster hat Dr. Jonas Terlau die neuronalen Mechanismen untersucht, die die epileptische Hirnaktivität auslösen und aufrechterhalten. Für seine Ergebnisse hat er jetzt den mit 1.000 Euro dotierten Promotionspreis der Medizinischen Fakultät erhalten.

Terlaus Arbeit besteht aus zwei Schritten, bei denen das Elektroenzephalogramm (EEG) zum Einsatz kam: „Mit dem EEG kann die elektrische Hirnaktivität zeitlich hochpräzise dargestellt werden. Im gesunden Normalzustand sehen wir hier unregelmäßige Wellen in verschiedenen Frequenzbereichen“, informiert der Preisträger. Anders verhält es sich bei der häufigsten Epilepsieerkrankung im Kindesalter: Bei einem Absence-Anfall bilden größere Verbände von Nervenzellen zeitgleich Aktionspotenziale; sie beginnen, „synchron zu feuern“ – dadurch kann das Gehirn nicht wie gewohnt arbeiten, unvermittelt verliert das Kind für einen kurzen Zeitraum das Bewusstsein.

Im EEG zeigen sich diese Anfälle durch sogenannte Spike-Wave-Komplexe. „Die erkennt man an einer spitzen Komponente, dem ‚Spike‘, und einer flachen, langsamen, der ‚Wave‘“, so Terlau. „Im ersten Schritt wurden an einem Tiermodell einzelne Hirnareale medikamentös inaktiviert. Als wir ein Kerngebiet im Thalamus – einem Teil des Zwischenhirns – ‚ausgeschaltet‘ haben, hat sich die Anzahl der Spikes verringert, die der Waves ist gleichgeblieben.“ Das bedeutet: Die Region im Thalamus ist an der Ausbildung der Spikes, nicht jedoch der Waves beteiligt. Dass die beiden Komponenten auf diese Weise getrennt werden können, wurde erst durch Terlaus Arbeit erkannt.

Der zweite Schritt der Arbeit hatte daher das Ziel, die jeweils verantwortlichen Mechanismen genauer zu untersuchen: „Hier haben wir mit einer Current-Source-Density-Analyse gearbeitet. Diese ermöglicht es, die Änderungen der elektrischen Aktivität von Zellverbänden in einer bestimmten Hirnregion genauer zu lokalisieren", sagt der Preisträger. Indem sie die beiden Schritte kombinierten, konnten die Forschenden Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Anfallsaktivität ziehen. Terlaus Arbeit liefert folglich auch Ansätze für vertiefende Studien – die wiederum zur Entwicklung neuer therapeutischer Methoden beitragen können.

Terlau strebt in Tübingen gegenwärtig eine neurologische Facharztausbildung an. Als Clinican-Scientist ist er aber auch in der Wissenschaft tätig; aktuell forscht er zu kognitiven Grundlagen. Den Promotionspreis der Medizinischen Fakultät finanziert der Verein der dort früher tätigen Professorenschaft und unterstützt derart die Nachwuchsarbeit der WWU-Medizin. Die Studie wurde von den fakultätsinternen Nachwuchsprogrammen Innovative Medizinische Forschung (IMF) und Medizinerkolleg (MedK) gefördert.

PubMed-Link zur Publikation

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