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Ein Gynäkologe spielt die erste Geige: Michael Scheele gründete 2015 die Bundesärztephilharmonie

Michael Scheele in seinem Element: hier bei einem Benefizkonzert in der Hamburger Laeiszhalle (Foto: K. Pukall)

Münster (mfm/nn) – Mit Taylor Swift kann er nichts anfangen. Mit den Prinzen auch nichts. Dafür aber mit Don Gillis Symphonie No. 5 ½ oder Edward Elgars „The Dream of Gerontius“. Dr. Michael Scheele hat ein Herz für die klassische Musik: Der ehemalige Student und Doktorand der Medizinischen Fakultät der Universität Münster hat deshalb 2015 die Bundesärztephilharmonie ins Leben gerufen.

Geboren und aufgewachsen in Hannover, begann Scheele dort sein vorklinisches Studium, bevor er nach Münster wechselte, um seine klinische Ausbildung zu absolvieren. „Dieser Abschnitt in Münster war eine Zeit, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann. Die Atmosphäre war charmant und lebendig und ich habe viele unvergessliche Erinnerungen gesammelt“, berichtet er. Auch wenn er es heute nur noch selten in die Domstadt schafft, erinnert er sich gerne an die Zeit dort. Fragt man ihn nach seinem Lieblingsort, muss man nicht lange auf eine Antwort warten: Die Kneipe „Buddenturm“ – damals noch als „Pulverturm“ bekannt. „Wir trafen uns bei Mary“, erzählt er. „Altbierbowle mit örtlichem Pinkus Alt und Erdbeeren in dieser Gaststäte - das war meine Unizeit“. Aber nicht nur kulinarische Erlebnisse prägten den heute 73-jährigen. Hier traf er auch seinen späteren ersten Chef Prof. Hans-Jürgen Holländer, einen Pionier der Ultraschalltechnik in der Frauenheilkunde. Diese Verbindung führte ihn und seine Frau nach Duisburg-Hamborn, wo er bereits ein Jahr vor dem Staatsexamen eine feste Stelle erhielt.

Doch Scheeles Herz schlägt eigentlich im Dreivierteltakt: Bereits im Alter von zehn Jahren begann er mit dem Geigenunterricht und spielte später im Jugendsinfonieorchester in Hannover. Während seines Medizinstudiums in Münster musste die Musik vorübergehend in den Hintergrund treten: „Ich bin jemand, der alles sehr gründlich macht. Wer mich kennt, ahnt, wie akribisch ich jede Lehrbuchseite für das Examen durchexerziert habe“, erläutert er lächelnd. „Da blieb für die Musik leider keine Zeit mehr.“ Erst in Hamburg, wo Scheele als Leiter der Frauenklinik der Asklepios-Klinik Nord tätig war, nahm er das Geigenspiel wieder auf und trat dem Hamburger Ärzteorchester bei.

Seine Begeisterung für die Musik führte schließlich zur Gründung der Bundesärztephilharmonie 2015. Nach seinem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben drei Jahre zuvor hatte er endlich die Zeit, dieses Projekt zu realisieren. Dessen Ziel ist es, anspruchsvolle und selten gespielte Werke aufzuführen und dabei jeden willkommen zu heißen, der etwas beitragen kann. Mit der Bundesärztephilharmonie hat Scheele einen Ort geschaffen, an dem Ärzte, Medizinstudierende und klinisches Personal gemeinsam musizieren und ihre Leidenschaft für die Musik teilen können. Alle Konzerte der Bundesärztephilharmonie sind Benefizkonzerte, wobei der Spendenpartner jährlich wechselt.

Scheele sieht Parallelen zwischen Musik und Medizin in zweierlei Hinsicht: Zum einen seien beide nur dann erfolgreich, wenn man sie ganzheitlich betrachtet. „Es gibt keinen Geigenunterricht ohne Wissen über Bewegungsabläufe, Psychologie und Rhythmus. Ebenso muss man die Geburtshilfe ganzheitlich sehen. Diese war immer eine Herzensangelegenheit für mich.“ Vor allem die Förderung der Eltern-Kind-Bindung stellte er besonders in den Fokus. In Kursen leitete er werdende Eltern an, wie sie sich auf die ersten Monate mit dem Kind einstellen können. „Auch das gehört zur Definition von Ganzheitlichkeit“, betont er.

Zum anderen legt Scheele großen Wert auf Zusammenarbeit auf Augenhöhe – sowohl in der Medizin als auch in der Musik. „In der Geburtshilfe war es mir immer wichtig, mit den Hebammen in gleichberechtigter Partnerschaft zu arbeiten. Diese Haltung übertrage ich auch auf die Arbeit mit dem Orchester“, erklärt er: „Es geht nur im Miteinander und auf Augenhöhe.“ Dazu passt auch die Episode, die er als sein schönstes Erlebnis mit der Bundesärztephilharmonie schildert: Vor drei Jahren haben ihn Studierende, die Teil des Orchesters waren, in Hamburg besucht und ihre Unterstützung angeboten. "Die haben gesagt: Wir kennen viele Orchester, aber wir kennen keines, bei dem so auf Augenhöhe musiziert wird wie bei Ihnen. Das möchten wir uns erhalten und dafür möchten wir arbeiten", erinnert sich Scheele. 

Im nächsten Jahr wird der Gynäkologe sein letztes Projekt leiten, bevor dann die Studierenden die Verantwortung übernehmen. Mittlerweile wurde die Bundesärztephilharmonie auch um das Deutsche Medizinstudierenden-Orchester erweitert. „Die Zusammenarbeit war die genialste Entscheidung, die wir treffen konnten“, freut sich Scheele. „Jedes Jahr kommen neue junge Studierende dazu, die musikalisch auf höchstem Niveau sind“, erklärt er begeistert, „es gibt viele hochtalentierte, musikalisch begabte Studierende der Medizin und ihnen bieten wir die Chance, an führende Positionen im Orchester zu kommen“. Dieses Konzept führt dazu, dass man sich seines Platzes in der Sitzordnung nie sicher sein kann. „Natürlich ist es doof, wenn man auf einmal eine Absage bekommt, aber für die Gesamtentwicklung des Ensembles ist es positiv“, ergänzt Scheele. 

Die Zukunft der Bundesärztephilharmonie sieht Scheele optimistisch. Es gibt inzwischen eine starke Kammermusik-Fraktion, die sich selbstständig organisiert, und junge Medizinstudierende, die mit großem Engagement dabei sind. Scheele wird noch bis 2025 als Schatzmeister fungieren und sich dann langsam zurückziehen. Spielen wird er dennoch weiterhin – außer, ihm läuft ein Nachwuchstalent den Rang ab. „Ich habe theoretisch einen festen Platz, aber wenn ich nicht mehr im Vorstand bin, kann das auch anders sein. Bei den Streichern ist die Gefahr allerdings nicht so groß“, sagt er schmunzelnd.  Autorin: Nele Nentwich

Etwaige Niederlagen nimmt Michael Scheele ohnehin gelassen: „Wenn ich eines gelernt habe, dann, dass am Ende irgendwie immer alles gut wird“, erklärt Scheele seine Sicht auf die Dinge. „Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich zugleich eine andere“, sinniert er. „Rückblickend bin ich sehr glücklich über die Wege, die ich im Leben eingeschlagen habe."

Autorin: Nele Nentwich

(Mit diesem Bericht setzt der Alumni-Verein „MedAlum“ der Medizinischen Fakultät Münster seine Porträt-Reihe "Köpfe der Fakultät" fort. Mehr zu dem Verein erfahren Sie hier.)

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