Gedanken können nicht nur die Welt bewegen.....
Seit Jahren beschäftigen sich verschiedene Forschergruppen mit der Frage, wie eine Verbindung zwischen Gehirn und Computer hergestellt werden könnte. Beide Systeme arbeiten mit elektrischen Impulsen. Hierin könnte ein Schlüssel liegen, wie eine Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine beschaffen sein könnte. Jegliche Form von Gehirnaktivität verursacht Hirnströme (Abb. 13). Die daraus resultierenden Spannungsschwankungen können auf der Kopfhaut mit Elektroden gemessen werden. Dies wird schon seit vielen Jahren medizinisch für die Ableitung eines Elektroencephalogramms (EEG) genutzt (Abb. 14). Das EEG- Spiel „Mindball“, das sie hier auch ausprobieren können, zeigt spielerisch, wie es schon jetzt möglich ist, „Schnittstellen“ zwischen Gehirn und Rechner aufzubauen. Mindball ist ein Spiel, bei dem zwei Spieler versuchen, den Ball über die Ziellinie ihres Gegenübers zu bringen. Es dürfen nicht die Hände zur Mithilfe benutzt werden, das Ziel wird allein durch Entspannung erreicht. Ein Stirnband mit Elektroden misst die Hirnströme und sendet sie an einen im Tisch integrierten Computer, der dann den Ball je nach Signaleingang bewegt. Je entspannter ein Spieler während dieses Spiels ist, umso weiter bewegt sich der Ball in Richtung Gegner.
Wohin kann die Reise gehen?
Gehirne vor allem von Versuchstieren werden bereits jetzt über Elektroden mit Computern verdrahtet. Es ist beispielsweise bereits möglich, den gedachten Befehl „Bewege den Arm“ über einen Computer in die entsprechende Bewegung eines Robotorarms umzuwandeln. Dies funktioniert, weil es für das Gehirn keinen Unterschied macht, ob man die Bewegung nur plant, sieht oder tatsächlich auch ausführt, stets wird die entsprechende motorische Rinde aktiviert (Abb. 15). Durch die Aktivierung entstehen Hirnströme, die dann von einem Computer abgegriffen werden können, um beispielsweise einen Robotorarm zu steuern. Auf dem medizinischen Sektor wird daran gearbeitet, behinderten Menschen zu ermöglichen, ihre Defizite mit Hilfe von Computern auszugleichen. Beim Denken sind nicht nur ein einzelnes, gewünschtes Hirnareal, sondern viele verschiedene Regionen gleichzeitig aktiv. Forscher konnten jedoch eine spezielle Software entwickeln, welche die vielen unterschiedlichen Aktivierungsmuster aus verschiedenen Hirnarealen "entwirren" und das gesuchte Signal, z.B. für die Bewegung der linken Hand, erkennen kann. In einigen Jahren, so hoffen sie, könnte diese eingesetzt werden, um die Hirnsignale - oder besser: komplexe Aktivitätsmuster - in unterschiedliche Befehle umzusetzen, so dass Behinderte zum Beispiel mit ihren Gedanken einen Rollstuhl oder eine Prothese steuern könnten. Vielleicht wird daraus einmal ein Gehirn-Gedanken-Mobil? Viele Wissenschaftler entwerfen augenblicklich Zukunftsvisionen. Es ist die Rede davon den Code zu knacken, mit dem unser Gehirn Botschaften festlegt, es wird vom Gedankenlesen mittels bildgebenden Verfahren gesprochen, von der Entwicklung einer Hirnprothese ist sogar die Rede (Der Spiegel, Nr. 14 vom 31.3.08). Gibt es also einen speziellen und unverwechselbaren Fingerabdruck in unserem Gehirn für z.B. Liebe? (Abb. 16)
Ist auch alles möglich was möglich sein soll?
Das menschliche Gehirn arbeitet viel komplexer als für uns vorstellbar. Es wird nie nur ein Areal aktiviert, sondern ein Netzwerk von vielen Hirngebieten zur gleichen Zeit. Ganz ähnliche Netzwerke können auch für ganz unterschiedliche Aufgaben aktiv sein. Unser Gehirn ist sehr wandlungsfähig und durch Lernen, Üben oder neue Erfahrungen können ganz andere und neue Vernetzungsmuster auftreten, die nicht vorhersehbar oder wirklich simulierbar sind. Es gibt daher keinen typischen Fingerabdruck für Liebe, das Lügen oder Gedankenlesen.
(Autorin: Bettina Pfleiderer)