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Auch mit Halluzinogenen gegen die Depression: Klinik für Psychische Gesundheit erforscht neue Therapieoptionen – und sucht Probanden

Das Team hinter den Studien zur „Volkskrankheit“ Depression rund um Prof. Bernhard Baune (l.), Direktor der Klinik für Psychische Gesundheit (Foto: Uni MS/L. Wiedau)

Münster (mfm/sw) – Nahezu jeder fünfte Deutsche hat im Laufe seines Lebens damit zu kämpfen: Depressionen sind weit verbreitet – und die Betroffenen merken schnell, wie die psychische Erkrankung den Alltag beeinträchtigt und Lebensqualität raubt. Auch wenn es schon viele gut wirksame Behandlungsoptionen gibt – etwa Antidepressiva und Psychotherapie - ist es oft ein langer Weg, bis die „Volkskrankheit“ adäquat behandelt wird. Für schwer behandelbare Verläufe, die manchmal auch als „therapieresistent“ bezeichnet werden, fehlen gut verträgliche und schnell wirksame Medikamente. Betroffene müssen oft verschiedene Präparate über lange Zeiträume ausprobieren oder Nebenwirkungen in Kauf nehmen. Abhilfe schaffen will die münstersche Uniklinik für Psychische Gesundheit: In gleich mehreren Studien untersuchen Forschungsteams neue pharmakologische Therapieoptionen – und suchen dafür auch weitere Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer.

Was Laien eher mit Partyexzessen und Drogen verbinden, könnte sich im Kampf gegen Depressionen als wirksames Therapiemittel erweisen: Die Rede ist von Psychedelika, auch bekannt als Halluzinogene, wozu auch Rauschmittel wie LSD gehören. „Aktuell gibt es eine Reihe neuer Therapieentwicklungen; eine davon ist die Erprobung schnell wirksamer und gut verträglicher Substanzen, die Betroffene in eine Art kurzen Rauschzustand versetzen, zum Beispiel Psilocybin und die Psychedelika-artige Substanz Esketamin“, erklärt Prof. Bernhard Baune, Direktor der Klinik für Psychische Gesundheit. „Hierzu läuft eine Reihe von Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit, aber auch die Langzeitentwicklungen bei einer Behandlung mit diesen neuen Medikamenten untersuchen“.

Der rauschartige Zustand bei Esketamin allein scheint keine Voraussetzung für eine klinische Wirkung dieser Substanz zu sein: Unabhängig vom Rauschzustand können bereits kurze Zeit nach der Einnahme biologische Veränderungen im Gehirn auftreten, die mit einer klinischen Besserung der Symptome einhergehen. Bei den „echten“ Psychedelika (Psilocybin), bei denen der Rauschzustand deutlich ausgeprägter ist, wird dessen Bedeutung für die klinische Wirkung noch erforscht. Die Klinik untersucht Wirkungen und Nebenwirkungen mit beiden Substanzen in getrennten kontrollierten Studien.

Die Forschungsteams an der Klinik suchen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer, die aktuell an einer unipolaren oder bipolaren Depression erkrankt sind und schon entsprechende Medikamente ohne ausreichende Besserung ausprobiert haben. Prof. Baune: „Wichtig ist, dass die Interessierten keine anderen psychischen und schweren körperlichen Erkrankungen haben und dass es ihnen möglich ist, während der Studie nur sehr wenige andere Medikamente einzunehmen“.

Daneben widmet sich die Klinik auch anderen Forschungsfragen rund um das Thema Depression: „Eine ganz wichtige Entwicklung ist die frühe Erkennung und intensivierte Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei Depression, Bipolarer Erkrankung und Schizophrenie“, so der Klinikchef. Mit diesem Schwerpunkt startete 2022 das EU-geförderte Projekt PSYCH-Strata, für das sich Forscherinnen und Forscher aus zwölf Ländern zusammengetan haben. Das gemeinsame Ziel: Betroffene mit einer identifizierten „Veranlagung“ für einen schweren Krankheitsverlauf sollen eine angepasste Behandlung bekommen. „Für PSYCH-Strata werden Patientinnen und Patienten gesucht, die derzeit unter einer unipolaren oder bipolaren Depression oder einer Akutphase der Schizophrenie leiden und bei denen in der aktuellen Krankheitsepisode ein erster medikamentöser Behandlungsversuch noch nicht die gewünschte Besserung gebracht hat“, so Prof. Baune. Die Teilnehmenden der Studie werden über einen Zeitraum von sechs Wochen medikamentös neu eingestellt, entweder gemäß den Leitlinien oder in einer intensivierten neuartigen Therapieform.

Betroffene und Behandelnde können sich, um mehr Informationen zu den Studienprojekten zu bekommen, direkt an die Klinik für Psychische Gesundheit wenden (Tel. 0251-83-58163, E-Mail: Studien-KPG@ukmuenster.de)

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