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Einzigartig in Deutschland: Transplantationsmodul ergänzt künftig das Medizinstudium in Münster

Münster (mfm/tb) – Die Transplantationsmedizin ist ein schwieriges Thema – und das keineswegs nur aus medizinischer Perspektive. An der Universität Münster wird sie daher künftig eine wesentlich größere Rolle in der Ausbildung spielen: Die dortige Medizinische Fakultät baut als erste ein einwöchiges Transplantationsmodul in ihren Lehrplan ein und übernimmt damit bundesweit eine Vorreiterrolle. Am Montag [23.06.] hat der erste Durchgang des Themenblocks begonnen, den künftig alle münsterschen Medizinstudierenden in ihrem siebten Fachsemester durchlaufen werden. Das Besondere an dem neuen Lehrangebot: Darin wird den Teilnehmern nicht nur das notwendige medizinische Fachwissen vermittelt, sondern auch das Thema Organspende in all seinen Facetten. So fehlen ethische Fragen ebenso wenig psychologische, und selbst die Seelsorger des Universitätsklinikums Münster (UKM) sind einbezogen. Auch in methodischer Hinsicht geht das Modul neue Wege: Neben klassischen Formen wie der Vorlesung schöpfen die Initiatoren alle technischen und pädagogischen Möglichkeiten aus, die am Standort zur Verfügung stehen – und dazu gehören nach Eröffnung des Studienhospitals Münster auch simulierte Angehörigengespräche. "Das Thema ganzheitlich aufzuarbeiten, war uns sehr wichtig", erläutert Prof. Hartmut Schmidt. Der Internist und Gastroenterologe ist als Transplantationsmediziner am UKM tätig und gilt als einer der renommiertesten Fachleute auf diesem Gebiet. Er hat das Modul gemeinsam mit Privatdozent Dr. Jan Becker vom Institut für Ausbildung und Studienangelegenheiten (IfAS) entwickelt. "Zu Beginn bitten wir die Studierenden, uns ihre Vorstellungen zur Transplantation und Organspende zu übermitteln", beschreibt Schmidt den Veranstaltungsauftakt. Der Grund für diese Befragung, die elektronisch mit dem aus dem Fernsehen bekannten TED-Verfahren erfolgt: "Am Ende der Woche werden die Lerninhalte erneut abgefragt. Gerade weil wir die Informationen ergebnisoffen präsentieren, ist es umso interessanter, etwaige Veränderungen zu erkennen". Zwischen diesen beiden Eckpunkten liegen rund zwanzig Einzelveranstaltungen für die Siebtsemester: Im Mittelpunkt stehen das Grundlagenwissen in der Transplantationsmedizin, die Indikationsstellung für die jeweiligen Patienten, die individuelle Situation der Menschen, die auf eine Transplantation warten sowie die Verteilungsregeln für Organe unter den Bedingungen der derzeitigen Organknappheit. Integriert sind Vorträge zu Themen wie der Diagnose Hirntod und der rechtlichen Seite der Transplantation. Prof. Bettina Schöne-Seifert, Mitglied des Deutschen Ethikrates, beleuchtet die medizinisch-ethischen Aspekte, und die UKM-Seelsorger beider Konfessionen berichten, welche Hilfestellung sie im Falle einer Organspende geben können. Ergänzt werden diese Vorträge durch eine Nierentransplantation unter Leitung des Chirurgen und UKM-Klinikdirektors Prof. Norbert Senninger, die live in den Hörsaal übertragen werden soll. Neben Spezialisten aus dem Universitätsklinikum Münster wirken auch externe an dem Modul mit: So berichtet Dr. Ulrike Wirges als geschäftsführende Ärztin des NRW-Landesverbandes der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) zusammen mit Mitarbeitern über die Situation in der Organspende sowie über deren Ablauf. Ein Novum sind die Gesprächssituationen, die der Psychologie-Professor Fritz Alois Muthny zusammen mit weiteren Medizinern sowie mit Mitarbeitern der DSO eigens für das Transplantationsmodul konzipiert hat. Die vorgegebene Situation, die konstruiert, aber in der Realität nicht selten ist: Ein Patient ist hirntot, eine Willenserklärung zur Organspende nicht dokumentiert. Wie können, wie sollten Ärzte in einem solchen Fall mit den Angehörigen sprechen? "Das Studienhospital bietet exzellente didaktische Möglichkeiten, solche äußerst sensiblen und schwierigen Gespräche mit Schauspielern zu simulieren und dann zu analysieren", sagt Dr. Bernhard Marschall, der als Studiendekan die Lehre an der Medizinischen Fakultät Münster verantwortet. Ein zusätzlicher Vorteil der Einrichtung sei, dass die Studierenden die Angehörigengespräche aufzeichnen und zu Hause nachbereiten könnten. Das komplexe Thema der Transplantationsmedizin – einer der Schwerpunkte der Hochschulmedizin in der Westfalenmetropole – umfassend in die Lehre einzubauen, war ein großes Anliegen von Marschall. Der Ansatz des münsterschen Lehrmodells sei es, den angehenden Ärzten das Für und Wider der Organspende dialektisch nahe zu bringen. "Wir wollen, dass sich unsere Studierenden einen eigene Meinung bilden", so der Studiendekan. Die Basis dabei sei, dass sich Gesellschaft grundsätzlich positiv zur Organspende stelle.

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