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Mund auf bei schlechter Zahnhygiene: Bettina Pfleiderer erhält Preis für Initiative zugunsten vernachlässigter Kinder

Auf einer Fachtagung in Leipzig konnte Prof. Bettina Pfleiderer (4.v.l.), hier mit Jurymitgliedern und weiteren Gewinnern, den 1. Preis in der Kategorie „Praxis & Gesellschaft“ des diesjährigen Wrigley-Prophylaxe-Preises entgegennehmen (Foto: WOHP/DGZ)

Leipzig/Münster (wpp) - Bereits zum 30. Mal wurde er am Wochenende verliehen: der Wrigley-Prophylaxe-Preis - mit dabei diesmal auch eine Wissenschaftlerin der Universität Münster. Der mit 4.500 Euro dotierte Hauptgewinn in der Kategorie „Praxis & Gesellschaft“ ging an Prof. Bettina Pfleiderer und ihr Team für ihre Initiative gegen zahnmedizinische Vernachlässigung von Kindern.

Häusliche Gewalt hat viele Gesichter. Eines ist die Kindesvernachlässigung, zu der auch das „Dental Neglect“ gehört. Darunter versteht man die zahnmedizinische Vernachlässigung von Kindern, bei der vermehrt Zahnschäden und Karies auftreten. In solchen Fällen sehen die verantwortlichen Bezugspersonen trotz zahnärztlicher Beratung nicht ein, dass eine Behandlung nötig ist, nehmen Praxistermine nicht wahr und versäumen es, sich um die Mundhygiene des Kindes zu kümmern. Ein bekanntes Beispiel für „Dental Neglect“ ist die frühkindliche Karies, auch Nuckelflaschen-Karies genannt.

Um den betroffenen Kindern zu helfen, sollten Zahnärztinnen, Zahnärzte und Studierende der Zahnmedizin typische Anzeichen für Vernachlässigung erkennen können, das Thema angemessen ansprechen und ihre Handlungsmöglichkeiten kennen. Diese Kompetenzen fördert die prämiierte Initiative „Zahnärztinnen und Zahnärzte sehen mehr als Zähne!“ von Prof. Bettina Pfleiderer, Leiterin der Arbeitsgruppe „Cognition & Gender“ der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Zusammen mit der Professorin haben sich auch Dr. Jana Lauren Bregulla, Greta Heuel und Madeleine Stöhr dem Ziel verschrieben.

Herzstück des interdisziplinären Projektes sind eigens entwickelte innovative Trainingsmaterialien für die Zahnmedizin. Sie behandeln die Formen und Indikatoren häuslicher Gewalt, die medizinische Dokumentation sowie adäquate Kommunikationsstrategien. Texte, Bilder, Fallbeispiele, Videos, Aufgaben zum Weiterdenken und Fragespiele vermitteln die Inhalte ansprechend und interaktiv. Die Materialien stehen Interessierten kostenlos zur Verfügung und wurden bereits in eine europäische Trainingsplattform zur häuslichen Gewalt integriert.

Zentrales Ziel des Projekts ist die Integration der Themen häusliche Gewalt und „Dental Neglect“ in die Lehre des Zahnmedizinstudiums. Zudem wollen die Initiatorinnen die Theorie künftig um Präsenz- und Online-Trainingseinheiten mit Simulationspatienten ergänzen. Darüber hinaus sollen Materialien für praktizierende Zahnärztinnen und Zahnärzte entwickelt werden, so Ansteckbuttons für den Kittel, die Betroffenen signalisieren, dass sie das sensible Thema in dieser Praxis offen ansprechen können.

Der zweite Platz hinter dem Pfleiderer-Team und damit ein Preisgeld von 3.000 Euro ging an das Team um Zahnarzt Dr. Guido Elsäßer aus Kernen. Mit großem Einsatz hat die Arbeitsgruppe interne Mundpflegestandards für Menschen mit Behinderungen in einer Wohneinrichtung erarbeitet. In der Kategorie „Wissenschaft“ punktete die Arbeitsgruppe um Dr. Basel Kharbot von der Charité in Berlin. Sie entwickelte ein telemedizinisches Befundungskonzept mit intraoralen 3D-Scans, das die dentale Versorgung in Senioreneinrichtungen optimieren kann.

Der Wrigley-Prophylaxe-Preis zeichnet seit 1994 herausragende Projekte in der Forschung und der Praxis der Kariesvorbeugung aus. Mit 20 eingereichten Arbeiten gab es 2024 überdurchschnittlich viele Bewerbungen, die erstmals zwei Bereichen zugeordnet wurden. Stifterin des Awards ist das „Wrigley Oral Healthcare Program“, das sich für eine verbesserte Zahn- und Mundgesundheit in allen Bevölkerungsgruppen einsetzt.

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