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Vom Klinikdirektor zum verarmten Emigranten: Stolperstein und Ehrensymposium für Prof. Aurel von Szily
Münster (mfm/tb) – Späte Ehrung für einen verdienten Arzt und Wissenschaftler: Mit der Verlegung eines „Stolpersteins“ und einem Symposium erinnerten Universität und Unversitätsklinikum Münster sowie der Verein „Spuren finden“ heute [28.03.] an Aurel von Szily. Der Professor für Ophthalmologie (Augenheilkunde) musste Deutschland wegen seiner jüdischen Wurzeln verlassen, nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren. Nach dem Althistoriker Prof. Friedrich Münzer und dem Pharmakologen Prof. Hermann Freund ist von Szily der dritte Wissenschaftler der Universität Münster, auf dessen Schicksal nun ein Stolperstein aufmerksam macht. Das „Miniaturdenkmal“ ist in den Bürgersteig vor der Uni-Augenklinik eingelassen; an seiner Einweihung nahm auch ein Enkel des NS-Opfers teil.
„Mit von Szily ist einer der bedeutendsten Forscher der Ophthalmologie im heutigen Deutschland von uns gegangen“, schrieb eine Fachzeitschrift in ihrem Nachruf. Der so gewürdigte Augenarzt wurde am 1. Juli - nach anderen Quellen am 1. Juni - 1880 in Budapest geboren und nahm dort mit 18 Jahren ein Medizinstudium auf. Damit blieb er der Familientradition treu: Schon der Vater war Augenarzt und leitete das Jüdische Hospital in Budapest. An seinem zweiten Studienort, Freiburg im Breisgau, wurde Aurel von Szily 1905 promoviert und blieb rund zwanzig Jahre der Universitätsklinik. Inzwischen zum außerplanmäßigen Professor ernannt (1913), versorgte er im Ersten Weltkrieg verwundete Soldaten und publizierte mit diesen Erfahrungen den „Atlas der Kriegsaugenheilkunde“ (1916). Noch im folgenden Weltkrieg sollte das Werk für Militärärzte von sehr großem Nutzen sein.
Die Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der noch jungen Universität Münster bot von Szily 1924 die Möglichkeit für einen beruflichen Aufstieg: In der Westfalenmetropole übernahm er die Leitung der neu erbauten Uni-Augenklinik. Dank des großen Engagements ihres ersten Direktors – das bis zum Einsatz eigener Finanzmittel reichte - brachte es die Einrichtung schnell zu großem nationalen und internationalen Ansehen. Wenige Jahre später das abrupte Karriereende: Hatte von Szily 1932/33 noch als Dekan amtiert, wurde er Ende 1935 zwangsweise beurlaubt und im August 1937 emeritiert. Auch dass der Ophthalmologe seine ausländischen Fachkollegen im Frühjahr 1933 aufgefordert hatte, der „lächerlichen Lügenpropaganda gegen das deutsche Volk“ entgegenzutreten, verhinderte die Repressalien nicht. Das anfängliche Verkennen der neuen Verhältnisse teilt von Szily mit vielen Nationalkonservativen seiner Zeit, so auch mit seinem jüdischen Kollegen Hermann Freund.
Auf internationalen Fachkonferenzen weiterhin hoch geschätzt, in Deutschland aber völlig isoliert, musste der Geschasste im September 1939 mit seiner Familie nach Ungarn auswandern. Dort, in einem Land mit weit verbreitetem Antisemitismus, konnte er nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Das Deutsche Reich entzog ihm 1941 Staatsbürgerschaft und Ruhegeld, was zu wirtschaftlicher Not führte. Zwar konnte der Emigrant der Judenverfolgung in Ungarn entkommen, doch überlebte er das Kriegsende nur um wenige Monate: Er starb am 1. September 1945 in seiner Geburtsstadt. Der Ruf der Universität Münster, die ihm eine Rückkehr auf den alten Lehrstuhl anbot, erreichte ihn nicht mehr.
Spuren hat von Szily an seiner alten Wirkungsstätte bis heute hinterlassen - buchstäblich: Große Teile seines wissenschaftlichen Vermächtnisses lagern, nach einer jahrzehntelangen Reise durch viele Hände und Orte, in der münsterschen Universitätsaugenklinik. Der Direktor des Instituts für Experimentelle Ophthalmologie, Prof. Solon Thanos, hat den Nachlass gesichtet, ausgewertet und digitalisieren lassen. „Die Originale kommen jetzt ins Universitätsarchiv, wo sie für die Forschung zur Verfügung stehen werden“, so der Augenarzt, der aus seiner Bewunderung für den Kollegen keinen Hehl macht: „Das war ein ganz Großer unseres Fachs“. Für das umfangreiche Forschungsprojekt zur Geschichte der münsterschen Medizin-Fakultät in der NS-Zeit, dessen Ergebnisse Ende 2012 vorliegen sollen, steuert Thanos einen Aufsatz über das Nazi-Opfer bei. Gemeinsam mit Augenklinik-Direktorin Prof. Nicole Eter plant er zudem, Exponate aus der Geschichte des Hauses in den Eingangsbereichen auszustellen, darunter auch solche zu Werk und Leben von Prof. Aurel von Szily.
„Mit von Szily ist einer der bedeutendsten Forscher der Ophthalmologie im heutigen Deutschland von uns gegangen“, schrieb eine Fachzeitschrift in ihrem Nachruf. Der so gewürdigte Augenarzt wurde am 1. Juli - nach anderen Quellen am 1. Juni - 1880 in Budapest geboren und nahm dort mit 18 Jahren ein Medizinstudium auf. Damit blieb er der Familientradition treu: Schon der Vater war Augenarzt und leitete das Jüdische Hospital in Budapest. An seinem zweiten Studienort, Freiburg im Breisgau, wurde Aurel von Szily 1905 promoviert und blieb rund zwanzig Jahre der Universitätsklinik. Inzwischen zum außerplanmäßigen Professor ernannt (1913), versorgte er im Ersten Weltkrieg verwundete Soldaten und publizierte mit diesen Erfahrungen den „Atlas der Kriegsaugenheilkunde“ (1916). Noch im folgenden Weltkrieg sollte das Werk für Militärärzte von sehr großem Nutzen sein.
Die Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der noch jungen Universität Münster bot von Szily 1924 die Möglichkeit für einen beruflichen Aufstieg: In der Westfalenmetropole übernahm er die Leitung der neu erbauten Uni-Augenklinik. Dank des großen Engagements ihres ersten Direktors – das bis zum Einsatz eigener Finanzmittel reichte - brachte es die Einrichtung schnell zu großem nationalen und internationalen Ansehen. Wenige Jahre später das abrupte Karriereende: Hatte von Szily 1932/33 noch als Dekan amtiert, wurde er Ende 1935 zwangsweise beurlaubt und im August 1937 emeritiert. Auch dass der Ophthalmologe seine ausländischen Fachkollegen im Frühjahr 1933 aufgefordert hatte, der „lächerlichen Lügenpropaganda gegen das deutsche Volk“ entgegenzutreten, verhinderte die Repressalien nicht. Das anfängliche Verkennen der neuen Verhältnisse teilt von Szily mit vielen Nationalkonservativen seiner Zeit, so auch mit seinem jüdischen Kollegen Hermann Freund.
Auf internationalen Fachkonferenzen weiterhin hoch geschätzt, in Deutschland aber völlig isoliert, musste der Geschasste im September 1939 mit seiner Familie nach Ungarn auswandern. Dort, in einem Land mit weit verbreitetem Antisemitismus, konnte er nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Das Deutsche Reich entzog ihm 1941 Staatsbürgerschaft und Ruhegeld, was zu wirtschaftlicher Not führte. Zwar konnte der Emigrant der Judenverfolgung in Ungarn entkommen, doch überlebte er das Kriegsende nur um wenige Monate: Er starb am 1. September 1945 in seiner Geburtsstadt. Der Ruf der Universität Münster, die ihm eine Rückkehr auf den alten Lehrstuhl anbot, erreichte ihn nicht mehr.
Spuren hat von Szily an seiner alten Wirkungsstätte bis heute hinterlassen - buchstäblich: Große Teile seines wissenschaftlichen Vermächtnisses lagern, nach einer jahrzehntelangen Reise durch viele Hände und Orte, in der münsterschen Universitätsaugenklinik. Der Direktor des Instituts für Experimentelle Ophthalmologie, Prof. Solon Thanos, hat den Nachlass gesichtet, ausgewertet und digitalisieren lassen. „Die Originale kommen jetzt ins Universitätsarchiv, wo sie für die Forschung zur Verfügung stehen werden“, so der Augenarzt, der aus seiner Bewunderung für den Kollegen keinen Hehl macht: „Das war ein ganz Großer unseres Fachs“. Für das umfangreiche Forschungsprojekt zur Geschichte der münsterschen Medizin-Fakultät in der NS-Zeit, dessen Ergebnisse Ende 2012 vorliegen sollen, steuert Thanos einen Aufsatz über das Nazi-Opfer bei. Gemeinsam mit Augenklinik-Direktorin Prof. Nicole Eter plant er zudem, Exponate aus der Geschichte des Hauses in den Eingangsbereichen auszustellen, darunter auch solche zu Werk und Leben von Prof. Aurel von Szily.