Bescheid aus Berlin: Bundesforschungsministerium unterstützt „FluResearchNet“ für weitere drei Jahre
Münster (FRN) – Von harmlos bis tödlich: Die Spannbreite der Krankheitsverläufe bei einer Infektion mit Influenzaviren ist enorm. Das zeigte sich zuletzt bei der H1N1-Pandemie. Dass die Weltgesundheitsorganisation diese im August offiziell für beendet erklärte, sollte nach Ansicht von Influenza-Experten nicht dazu führen, bei der Forschung nachzulassen: Jederzeit könnten neue aggressive Grippeerreger auftauchen. Diese Auffassung teilt auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) - und fördert den von der Uni Münster aus koordinierten Forschungsverbund FluResearchNet nun für weitere drei Jahre.
Seine Gründung geht auf eine Initiative des BMBF zur Stärkung der Verbundforschung an zoonotischen Infektionskrankheiten zurück. Dabei stand und steht die themenspezifische Intensivierung gemeinsamer Forschungsaktivitäten sowie die fächerübergreifende Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin im Mittelpunkt. Neben der Koordinationsstelle an der Uni Münster (WWU) wurden dort bereits zwei große Teilprojekte vom BMBF unterstützt. Nach einem erfolgreichen Verlauf der ersten Phase von 2007 bis 2010 erhielten die Arbeitsgruppen der Institutsdirektoren Prof. Dr. Stephan Ludwig, Molekulare Virologie, und Prof. Dr. Johannes Roth, Immunologie, den Zuschlag für eine zweite, dreijährige Förderphase. „Die Erhöhung der Förderung auf knapp eine Million Euro für Einrichtungen der WWU Münster ist eine Bestätigung unseres Erfolges. Münster hat sich damit als ein strategisches Zentrum der Influenza-Forschung in Deutschland etabliert“, freut sich Ludwig.
Nach seinen Angaben ermöglicht die Zusage aus Berlin eine Fortführung der in der Startphase aufgebauten fruchtbaren Kooperation. „In die kommende Arbeit werden auch die - wissenschaftlich teils überraschenden - Erkenntnisse aus der H1N1-Pandemie 2009 einfließen und wir werden insbesondere neue antivirale Strategien weiterentwickeln“, blickt Ludwig nach vorn. Der Virologe, der das FluResearchNet seit Beginn koordiniert, setzt auch künftig auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Human- und Veterinärmedizin sowie von universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland. Mit insgesamt zwölf Teilprojekten und einer starken interdisziplinären Ausrichtung startete der Forschungsverbund am 1. Oktober 2010 offiziell in die zweite Förderphase.
Die zwei Teilprojekte an der Westfälischen Wilhelms-Universität umfassen mit einem Volumen von annähernd einer Million Euro knapp ein Viertel der gesamten Fördersumme des FluResearchNet. Im Fokus der Aktivitäten steht, die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung verstärkt in die klinische Anwendung zu überführen. „Wir sind uns bewusst, dass dieser translationale Ansatz nur sehr langfristig umgesetzt werden kann. Zugleich fehlen uns zur Behandlung von Influenzainfektionen dringend antivirale Wirkstoffe mit geringen Nebenwirkungen. Das FluResearchNet mit seiner einzigartigen Zusammensetzung eröffnet die Chance, diese Aktivitäten während der nächsten drei Jahre systematisch weiterzuverfolgen“, erläutert Ludwig.
Ziel des FluResearchNets sei zudem, die Rolle des Schweins bei der Entstehung von Influenzapandemien genauer zu erforschen. Neuen Pandemien gehen hoch komplexe genetische Veränderungen des Influenzaerregers voraus. Bei diesen molekulargenetischen Prozessen sei die Bedeutung des Schweins bislang vernachlässigt worden, das den Influenza-Erregern häufig als „Zwischenwirt“ zwischen Mensch und Vogel diene. Vertiefende Untersuchungen zu den so genannten Reassortierungsprozessen im Schwein könnten zu einem besseren Verständnis und zur Bekämpfung neuer Influenza-Pandemien beitragen. Dass die unausweichlich kommen werden, steht für die Experten fest - lediglich Zeitpunkt und Gefährdungspotenzial neuer Influenzaviren ließen sich heute noch nicht abschätzen.
Und auch darin waren sich die Experten bei dem Mitte September in Münster stattgefundenen Zweiten Internationalen Influenza-Kongresses einig: Nach der H1N1-Pandemie darf es keine Entwarnung geben und die Influenzaforschung nicht vernachlässigt werden. Oder, wie es der weltweit anerkannte Influenza-Experte Robert Webster während des Treffens ausdrückte: „Bei der H1N1-Pandemie haben wir einfach nur Glück gehabt“.