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Doppelte Ehrung: Domagk-Stiftung verleiht Forschungspreise 2019 und 2020 für erkenntnisreiche Krebsstudien
Münster (mfm/sw) – Lungenkrebs kennt jeder, Sarkome nicht. Kein Wunder, denn diese bösartigen Tumoren des Binde- und Stützgewebes sind selten – aber hoch gefährlich. Fachleute unterscheiden zwischen Knochen- und Weichgewebesarkomen (WGS). Letztere hat der Onkologe Prof. Viktor Grünwald vom Universitätsklinikum Essen erforscht - und dafür jetzt den Preis der an der Universität Münster angesiedelten Gerhard-Domagk-Stiftung erhalten. Bei der Verleihung wurde außerdem mit Priv.-Doz. Dr. Philipp Vollmuth gleich noch ein weiterer verdienter Krebsforscher geehrt: Dessen Feier als Vorjahrespreisträger fiel Corona zum Opfer und wurde nun nachgeholt.
WGS treten sowohl bei Kindern und jungen Erwachsenen auf; ein Drittel der Patienten ist jedoch bereits über 60 Jahre alt. Das Alter wird zum Nachteil: Die soziale Situation und Begleiterkrankungen erschweren die Behandlung – insbesondere die gängige Chemotherapie ist riskant. Prof. Viktor Grünwald begab sich auf die Suche nach einer Alternative, die genauso effektiv, aber weniger aggressiv ist - und wurde fündig: In seiner Studie untersuchte er die Wirkung von Pazopanib bei WGS.
Die gängige Behandlungsstrategie bei diesen Tumoren ist die Chemotherapie, das gängige Medikament Doxorubicin. Gerade im Alter ist diese Behandlung jedoch problematisch: So kommt es häufig zu Neutropenie, einer verminderten Anzahl weißer Blutkörperchen, oder zu Kardiotoxizität, einer Schädigung des Herzens. Insbesondere im Hinblick auf die soziale Situation der über 60-Jährigen erscheint eine Behandlung ohne „Chemo“ die bessere Wahl. Der Onkologe, Internist und Facharzt für Hämatologie Prof. Viktor Grünwald verglich in seiner Studie bei Patienten mit fortgeschrittenem WGS die Wirkung und vor allem Toxizität von Doxorubicin und die des Mittels Pazopanib, das er als weniger aggressiv einschätzt. Und tatsächlich: Der Essener konnte belegen, dass Pazopanib nicht nur eine vergleichbare Wirkung wie Doxorubicin hat, sondern auch ein geringeres Toxizitätsprofil. Für diese erste vergleichende Arbeit verlieh die Stiftung dem Studienleiter den Gerhard-Domagk-Preis 2020.
Über dieselbe Auszeichnung für 2019 kann sich Priv.-Doz. Dr. Philipp Vollmuth (geb. Kickingereder) von der Uniklinik Heidelberg freuen. Er befasste sich mit den Möglichkeiten der – in der Medizin immer wichtiger werdenden - künstlichen Intelligenz (KI): In seiner Studie ging der Facharzt für Radiologie der Frage nach, inwieweit KI bei der Analyse von Hirntumoren genutzt werden kann. Auch diese sind sehr gefährlich – und bedürfen daher einer individuellen, möglichst genau auf die Patienten angepassten Behandlung. Ob die Therapie anschlägt oder nicht, hängt vor allem von der Wachstumsdynamik des Tumors ab; diese wird bisher mittels Magnetresonanztomographie (MRT) ermittelt. Das Problem dabei: MRT-Ergebnisse sind bei diesem Einsatzfeld häufig unpräzise. Hier sah Vollmuth ein Potenzial für KI und entwickelte ein trainiertes maschinelles Lernverfahren unter Einsatz künstlicher neuronale Netzwerke. Da damit das Ansprechen auf die Therapie besser beurteilt werden kann, gab es auch für Vollmuth den Gerhard-Domagk-Preis. In einem gemeinsamen Online-Festakt gratulierte Prof. Eva Wardelmann, Direktorin des münsterschen Gerhard-Domagk-Institutes für Pathologie sowie Vorsitzende der Domagk-Stiftung, den prämiierten Forschern.
Die Gerhard-Domagk-Stiftung geht auf den berühmten Pathologen Prof. Gerhard Domagk zurück, dessen akademische Heimat die Universität Münster war. Für seine Verdienste bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten erhielt er als erster und bisher einziger Pathologe 1939 den Medizin-Nobelpreis. Der von der Stiftung in Kooperation mit der Universitätsgesellschaft der WWU jährlich verliehene Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Die Hälfte davon übernimmt die Bayer Science and Education Foundation, da Domagk lange das Forschungslabor des Weltkonzerns leitete. Über Infektionen und deren Bekämpfung hinaus interessierte sich der große Mediziner, was wenig bekannt ist, auch für die Krebsforschung, der er daher seine Stiftung widmete.