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Ein neuer Nazi-Fall? DGPPN-Ehrenmitgliedschaft von Prof. Friedrich Mauz posthum aberkannt
Münster (mfm/tb) - „Die Medizinische Fakultät Münster wird erneut von ihrer braunen Vergangenheit eingeholt.“ So beginnt ein gestriger Bericht der „Münsterschen Zeitung“ (MZ) über den Psychotherapeuten und Neurologen Prof. Friedrich Mauz. Aktueller Anlass: Dem durch seine Rolle in der NS-Zeit schwer belasteten Mediziner wurde posthum die Ehrenmitgliedschaft seiner Fachgesellschaft, der DGPPM, aberkannt.
„Erneut … eingeholt?" Auch weitere Passagen des Berichtes könnten den Eindruck erwecken, es handele sich um eine neue, vielleicht gar „unliebsame“ Entdeckung: „Der Fall Mauz ist nur wenigen Wissenschaftlern an der Uni Münster bekannt. Anders als die DGPPN hält sich die Hochschule mit öffentlichen Stellungnahmen bislang zurück.“ Um sich über Mauz zu informieren, braucht man allerdings kein Wissenschaftler zu sein; simples Googeln genügt: So hat der Psychotherapeut beim Web-Lexikon Wikipedia einen eigenen Eintrag. Auf frühere Dekane, die nach jetzigem Wissensstand NS-belastet sind, weist die Medizinische Fakultät auf ihrer Website selbst hin. Die betreffenden Dekan-Porträts im Sitzungszimmer sind mit Textzusätzen versehen (den zu Mauz lesen Sie weiter unten).
Und was ist mit den Stellungnahmen, mit denen sich die Fakultät angeblich „zurückhält“? Die Berufung von Mauz und seine Wahl zum Dekan (1956/57) sind aus heutiger Perspektive unverständlich und unbegreiflich. Allerdings können sie - anders als die Ehrenmitgliedschaft bei einer Fachgesellschaft – nicht rückgängig gemacht werden. Daher hat die Fakultät keine Möglichkeit, in ähnlicher Weise ein Zeichen zu setzen. Das wurde dem MZ-Autor auf Anfrage mitgeteilt - leider fehlt diese Stellungnahme in seinem Bericht.
An anderer Stelle hat sich die Fakultät unmissverständlich zu ihrer Verstrickung in das NS-Regime geäußert und sie bedauert. Neuere Erkenntnisse zu diesem Thema sind 2012 von dem DFG-Projekt unter Leitung von Prof. Hans-Peter Kröner zu erwarten. Überraschende neue Aussagen zu Mauz dürften die Studien nicht enthalten - weil dessen Vergehen eben lange bekannt sind.
Zusatztext zum Mauz-Porträt in der Dekan-Fotogalerie
Friedrich Mauz (1900-1979)
Als Privatdozent in Tübingen hatte Friedrich Mauz 1933 das „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“ unterzeichnet. Nachdem er 1934 der SA beigetreten war, wurde er 1937 in die NSDAP aufgenommen. Als Direktor der Universitätsnervenklinik Königsberg war Friedrich Mauz ab 1940 einer der Gutachter in der Aktion T4, dem euphemistisch als „Euthanasie“ bezeichneten Mord an den psychisch Kranken. Gleichzeitig war er Mitarbeiter in einer Kommission zur Beratung eines „Euthanasie-Gesetzes“, das aber nicht mehr zustande kam.
Nachtrag, 29.12.2011: WN-Bericht zum selben Thema
„Erneut … eingeholt?" Auch weitere Passagen des Berichtes könnten den Eindruck erwecken, es handele sich um eine neue, vielleicht gar „unliebsame“ Entdeckung: „Der Fall Mauz ist nur wenigen Wissenschaftlern an der Uni Münster bekannt. Anders als die DGPPN hält sich die Hochschule mit öffentlichen Stellungnahmen bislang zurück.“ Um sich über Mauz zu informieren, braucht man allerdings kein Wissenschaftler zu sein; simples Googeln genügt: So hat der Psychotherapeut beim Web-Lexikon Wikipedia einen eigenen Eintrag. Auf frühere Dekane, die nach jetzigem Wissensstand NS-belastet sind, weist die Medizinische Fakultät auf ihrer Website selbst hin. Die betreffenden Dekan-Porträts im Sitzungszimmer sind mit Textzusätzen versehen (den zu Mauz lesen Sie weiter unten).
Und was ist mit den Stellungnahmen, mit denen sich die Fakultät angeblich „zurückhält“? Die Berufung von Mauz und seine Wahl zum Dekan (1956/57) sind aus heutiger Perspektive unverständlich und unbegreiflich. Allerdings können sie - anders als die Ehrenmitgliedschaft bei einer Fachgesellschaft – nicht rückgängig gemacht werden. Daher hat die Fakultät keine Möglichkeit, in ähnlicher Weise ein Zeichen zu setzen. Das wurde dem MZ-Autor auf Anfrage mitgeteilt - leider fehlt diese Stellungnahme in seinem Bericht.
An anderer Stelle hat sich die Fakultät unmissverständlich zu ihrer Verstrickung in das NS-Regime geäußert und sie bedauert. Neuere Erkenntnisse zu diesem Thema sind 2012 von dem DFG-Projekt unter Leitung von Prof. Hans-Peter Kröner zu erwarten. Überraschende neue Aussagen zu Mauz dürften die Studien nicht enthalten - weil dessen Vergehen eben lange bekannt sind.
Zusatztext zum Mauz-Porträt in der Dekan-Fotogalerie
Friedrich Mauz (1900-1979)
Als Privatdozent in Tübingen hatte Friedrich Mauz 1933 das „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“ unterzeichnet. Nachdem er 1934 der SA beigetreten war, wurde er 1937 in die NSDAP aufgenommen. Als Direktor der Universitätsnervenklinik Königsberg war Friedrich Mauz ab 1940 einer der Gutachter in der Aktion T4, dem euphemistisch als „Euthanasie“ bezeichneten Mord an den psychisch Kranken. Gleichzeitig war er Mitarbeiter in einer Kommission zur Beratung eines „Euthanasie-Gesetzes“, das aber nicht mehr zustande kam.
Nachtrag, 29.12.2011: WN-Bericht zum selben Thema