News

Mehr Freiheit für den Stundenplan: WWU-Mediziner erfassen elektronisch die Anwesenheit ihrer Studierenden

Einfache Handhabung: Mit seinem Lesegerät kann Dozent Dr. Helmut Ahrens den Strichcode auf der ID-Card des Medizinstudenten Lennart Liebsch scannen und so dessen Kursteilnahme erfassen (Foto: FZ/Deiters)

Erhöhte Flexibilität, weniger Lauferei, reduzierter Aufwand: Obwohl die Teilnahme an neuem elektronischen System freiwillig ist, machen 99 Prozent der Studierenden mit
Münster (mfm/tb) – Montagnachmittag im Lehrgebäude der münsterschen Uni-Mediziner: Die Tür zum Seminarraum steht offen, der Student tritt ein und zückt seine ID-Card. Das Lesegerät in Händen des Dozenten antwortet mit einem leisen „Piep“. Soll sagen: „richtiger Student im richtigen Kurs“. Alltag in dem Komplex an der Albert-Schweitzer-Straße, denn die Medizinische Fakultät der Universität Münster hat ELAN eingeführt, die „Elektronische Anwesenheitserfassung“. Was zunächst wie George Orwells Zukunftsvision „1984“ anmutet, ist tatsächlich das Gegenteil: ELAN gibt den Studierenden mehr Freiheiten, weil es das als „verschult“ kritisierte Medizinstudium flexibler macht. Obwohl die Teilnahme an dem bundesweit einmaligen, internetgestützten System freiwillig ist, nutzen sie daher fast vollzählig das Angebot ihrer Fakultät – die auch selbst von der Neuerung profitiert.
 „Genau 34 - und künftig sogar 35 - Leistungsnachweise zu ebenso vielen Themengebieten müssen Medizinstudenten in ihrer Ausbildung erbringen, so schreibt es die Approbationsordnung vor“, erläutert Studiendekan Dr. Bernhard Marschall. Anders als bei den meisten anderen Studiengängen wird in der Medizin nicht nur eine Benotung der „Scheine“ verlangt, wie die Dokumente bei den Studierenden heißen: Zusätzlich ist auch der Nachweis einer regelmäßigen Teilnahme an den zugehörigen Unterrichtsveranstaltungen notwendig. Die musste bisher, mühsam für alle Beteiligten, anhand von Unterschriftenlisten ermittelt werden.
Da die Lehrangebote in Verantwortung unterschiedlicher Institute und Kliniken laufen, bedeutete diese Vorgabe bisher viele Wege in viele Sprechstunden. Und vor allem mussten sich die Studierenden schon zu Beginn des Semesters auf einen verbindlichen Stundenplan festlegen. Ein Abweichen, sei es wegen Krankheit, eines neuen Nebenjobs, oder einer wissenschaftlichen Arbeit, war sehr aufwändig und vom Wohlwollen der Dozenten abhängig. Alles vorbei, seitdem es ELAN gibt.
Die rund 3.000 Studierenden der Medizinischen Fakultät haben eine Identitätskarte (ID-Card) erhalten, darauf der Name des Besitzers, ein Foto und ein individueller Strichcode. Über das Gegenstück dazu, nämlich ein Lesegerät im Format einer kleinen Taschenlampe, den Barcode-Scanner, verfügen die Dozenten. Auf den Einsatz einer Karte mit RFID-Chip, der technisch ebenfalls möglich gewesen wäre, wurde bewusst verzichtet: „Auch aus Kostengründen, hauptsächlich aber wegen der höheren Akzeptanz bei den Studierenden“, so Dr. Marschall.
Zu Beginn eines Kurses wird der Strichcode via Scanner gelesen und so die Anwesenheit der angemeldeten Studierenden schnell und einfach erfasst. Über einen Computer mit Internetzugang lassen sich die Daten dann an die zentrale Stundenplanverwaltung beim Institut für Ausbildung und Studienangelegenheiten (IfAS), dem Studienressort der Fakultät, übermitteln - Papierkram ade. Statt 35 einzelnen Leistungsscheinen gibt es nur noch einen Sammelnachweis, den das IfAS ausstellt, was den Studenten viel Lauferei und der Fakultät erheblichen Arbeitsaufwand erspart.
Allein deshalb erstaunt es nicht, dass fast alle Studierenden - genau: 98,7 Prozent - das System mittragen, obwohl die Teilnahme aus Gründen des Datenschutzes freiwillig ist. Die hohe Quote hat aber noch einen anderen Grund: ELAN funktioniert auch als Such- sowie Tauschbörse und schafft so ein bisher nicht gekanntes Maß an Flexibilität beim dicht gedrängten Terminplan der Medizinstudenten. Was die alten Unterschriftenkarten kaum zuließen, nämlich einen Wechsel zwischen zwei Kursen, ermöglicht ELAN mit einem simplen Mausklick: Per Computer können die Studierenden nicht nur freie Plätze in Kursen recherchieren und „buchen“, sondern mittels E-Mail-Anfrage an die Kommilitonen auch untereinander Kursplätze tauschen. Bei erfolgreicher Transaktion erhält ELAN eine entsprechende Mitteilung – und das Lesegerät macht auch beim ursprünglich „falschen“ Student den richtigen Ton.
Dass dieses Angebot gut ankommt bei den Nutzern, belegen die Statistiken: „Schon in den ersten drei Tagen nach Einführung von ELAN gab es 1.000 Tauschanfragen“, freut sich Marschall über den Erfolg des vom "IT-Zentrum Forschung und Lehre" der Fakultät selbst entwickelten Systems. Bewährt hat sich auch eine Funktion, die auf Wunsch des Studiendekans eingebaut wurde: Für Studierende in besonderen Lebenslagen, zum Beispiel solche mit Kindern, gibt es eine Art Vorgriffsrecht. Schon im Sommersemester 2010, der Erprobungsphase, wurden mit ELAN 25.826 Kursteilnahmen von Studierenden des ersten bis sechsten Semesters elektronisch dokumentiert und verwaltet.
Positiver Nebeneffekt des Systems: Dank der zugehörigen Ausweise sind die Studierenden bei ihrer praktischen Ausbildung auf den Krankenstationen nun besser als solche zu erkennen, werden weder mit Ärzten noch mit Zivildienstleistenden verwechselt. Den vielen Vorteilen steht nur ein geringer Aufwand gegenüber. „Ein Ausweis kostet gerade einmal 38 Cent, das ist nichts im Vergleich zum Nutzen“, sagt Studiendekan Dr. Marschall.

Folgendes könnte Sie auch interessieren: