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Bluthochdruck bei Krebspatienten: Dr. Daniel Navin Olschewski hinterfragt übliche Medikation und erhält dafür Promotionspreis
Münster (mfm/sw) – Arterielle Hypertonie – nie gehört? Doch, nur unter anderem Namen: Von Bluthochdruck – wie das Phänomen bei Laien heißt – sind allein in Deutschland etwa 20 bis 30 Millionen Menschen betroffen. Die Behandlung erfolgt üblicherweise mit dem Wirkstoff Losartan. Nebenwirkungen haben alle Medikamente – doch sollten sie nicht gerade krebsfördernd sein. Dr. Daniel Navin Olschewski stellte sich in seiner Dissertation die Frage, ob die Einnahme von Medikamenten mit Losartanen die Fortbewegung von Melanomzellen – also Krebszellen – begünstigt oder doch eine gegenteilige, also anti-tumoröse Wirkung hat. Für seine Ergebnisse erhielt er nun den Promotionspreis der Medizinischen Fakultät der Universität Münster.
Losartan ist ein gängiges Therapiemittel für Bluthochdruckpatienten. Bei Bluthochdruck spielen viele Faktoren eine entscheidende Rolle: Das Peptidhormon Angiotensin II, kurz ATII, und der zugehörige Rezeptor Typ 1 (= AT1) führen zu einem Anstieg der Kalziumkonzentration und somit auch zu einer Kontraktion glatter Gefäßmuskelzellen – also auch von Blutgefäßen und somit zu Bluthochdruck. Wird dieser nicht behandelt, kann es zu schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen. Hier setzen Losartane an: Sie unterdrücken die Wirkung von AT1 und haben derart eine Brems- und Hemmfunktion. Das Problem: Die durch ATII und AT1 erhöhte Kalziumkonzentration führt langfristig zu einer erhöhten Fortbewegung von Melanomzellen (MV3) – sie stimuliert Natrium-Wasserstoff-Austauscher, die die Fortbewegung der MV3-Zellen begünstigen. Daraus ergibt sich die Frage: Was passiert, wenn das den Bluthochdruck regulierende und Losartan enthaltende Mittel eingesetzt wird? Wie wirken sich Losartan und AT II auf MV3 aus?
Der 28-Jährige konnte in seiner Doktorarbeit zeigen, dass Losartan die Migration (Wanderungsbewegung) von menschlichen humanen Melanomzellen verringert, während ATII und AT1 dagegen in MV3-Zellen nachgewiesen werden konnten. Zwar fördert Losartan nicht die Fortbewegung von MV3-Zellen, doch begünstigt es das Eindringen (Invasion) und das Aneinanderhaften (Adhäsion) der Krebszellen. Olschewskis Schlussfolgerung daraus: Die Verabreichung von AT1-Antagonisten, also hemmenden Substanzen, wie Sartanen, sollte bei Krebspatienten mit Bluthochdruck kritisch hinterfragt werden.
Der gebürtige Wiesbadener studierte von 2011 bis 2018 Medizin an der Universität Münster. Anschließend verschlug es ihn ins Rheinland: Seit Oktober 2018 ist der Arzt in der Neurologie an der Uniklinik Köln angestellt. Seine Dissertation fertigte er in der Arbeitsgruppe von Prof. Christian Stock an und erhielt für die Studie den mit 2.500 Euro dotierten Promotionspreis seiner Alma mater. Ihren Promotionspreis vergibt die Medizinische Fakultät unter den bestbenoteten Doktorarbeiten des abgelaufenen Semesters; unterstützt wird der Award von dem forschenden Pharmaunternehmen Pfizer.