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Von Jötten zu von Szily? CDU-Fraktion Münster-Mitte beantragt Änderung des umstrittenen Straßennamens

Prof. Karl Wilhelm Jötten (um 1936; Quelle: Bundesarchiv Berlin)

Münster (mfm/tb) – „Gleichsam als Kontrapunkt“ sei sie zu verstehen, die jetzt von der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Münster-Mitte beantragte Namensänderung einer Straße in der Nähe von Uni-Schloss und Uni-Klinikum. Bisher heißt die Querstraße der Hüfferstraße „Jöttenweg“, nach dem Hygieniker und Staublungenexperten Prof. Karl Wilhelm Jötten. Folgt die Bezirksvertretung in ihrer Sitzung am 22. Mai dem CDU-Antrag, würde sie künftig an Prof. Aurel von Szily erinnern, ein NS-Opfer – und Kollege von Jötten.
Seitdem dessen Rolle in der NS-Zeit 2007 einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde und selbst überregionale Medien über den Fall berichteten, steht eine Umbenennung im Raum. Der Jöttenweg gab den Anstoß zu einer Diskussion, in die auch andere Straßennamen einbezogen wurden. Selbst die über Jahrzehnte immer wieder geführte Auseinandersetzung über den Hindenburgplatz erhielt damit eine neue Dynamik – er heißt inzwischen Schlossplatz (was eine Bürgerinitiative rückgängig machen will). Anders als bei dieser Bezeichnung gab es bei Jötten aber schnell einen Konsens.
Die Stadt Münster hatte eine "Kommission Straßennamen" eingesetzt, die Empfehlungen zu den umstrittenen Namensgebern aussprechen sollte. Ihr Auftrag war es, über den Umgang mit Straßennamen zu beraten, deren Namensgeber möglicherweise aktiv den Nationalsozialismus unterstützt haben. Das klare Votum, datierend vom Juni 2011: "Die Kommission [hat] einstimmig empfohlen, den Jöttenweg umzubenennen. Für das Votum maßgeblich ist, dass Jötten eine pseudowissenschaftliche Begründung der Rassehygiene entwickelte, zeitweise als Rassehygieniker wirkte und einschlägige Dissertationen betreute."
Ihr Votum haben die beteiligten Wissenschaftler Kommission faktenreich untermauert, selbst Unterlagen zur NSDAP-Mitgliedschaft von Jötten können auf der Kommissions-Website im Original eingesehen werden. Dem wegen seiner jüdischen Herkunft geschassten, später emigrierten und in Ungarn verstorbenen Augenarzt Aurel von Szily gilt ein unlängst verlegter „Stolperstein“. Zwei weitere Steine für andere verfolgte Mediziner sollen noch in diesem Jahr folgen.

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