APOL1 als Risikofaktor für Nierenerkrankungen
Unterarten des einzelligen Parasiten Trypanosoma brucei verursachen die Afrikanische Schlafkrankheit (auch Afrikanische Trypanosomiasis). Die Tropenerkrankung wird von der Tsetse-Fliege übertragen und kommt vor allem in verschiedenen tropischen Gebieten Afrikas vor. Im Blutserum des Menschen befindet sich ein Faktor der die Menschen normalerweise vor dieser Erkrankung schützt. 2003 wurde dieser Faktor als APOL1 (von: Apolipoprotein L1) identifiziert. Dabei ist APOL1 – das nur im Menschen und wenigen anderen höheren Primaten vorkommt – notwendig und ausreichend um diesen trypanolytischen Effekt hervorzurufen.
Ein ko-evolutiver Prozess zwischen dem SRA-Resistenzgen (von: serum resistance associated protein) der Trypanosomen und dem trypanolytischen Faktor APOL1 hat zu zwei APOL1-Genvarianten geführt (G1 und G2), die insbesondere bei Afroamerikaner*innen und in der westafrikanischen Bevölkerung recht häufig vorkommen.
Im Jahr 2010 konnten zwei Forschergruppen unabhängig voneinander zeigen, dass genau diese APOL1-Varianten mit einem höheren Risiko für HIV-assoziierte Nephropathie (HIVAN) verbunden sind. In späteren Studien wurde dieser Zusammenhang mehrfach bestätigt. Gleichzeitig wurde deutlich, dass homozygote Träger dieser APOL1-Varianten auch für andere Nierenerkrankungen ein höheres Risiko in sich tragen.
Allerdings wird nicht jeder Träger von APOL1-Risikovarianten auch krank. Man vermutet daher, dass für den Ausbruch einer Nierenerkrankung neben der genetischen Disposition mindestens ein weiter Faktor (second hit) notwendig ist. Erhöhte Zytokin-Konzentrationen wie beispielsweise von Inteferonen, oder Virusinfektionen (v. a. HIV- oder COVID-Infektionen) könnten hierbei eine besonders wichtige Rolle spielen.
Die APOL1-Forschung befindet sich damit auf der Schnittstelle zwischen Parasitologie, Evolutionsbiologie, Infektiologie und Nephrologie. Auf molekularer Ebene ist aber noch weitgehend unklar, welche Funktion APOL1 normalerweise in der Zelle ausübt und inwieweit sich APOL1 hier von den anderen Mitgliedern der APOL-Genfamilie unterscheidet. In Vorarbeiten konnten wir bereits zeigen, dass APOL1 v. a. am Endoplasmatischen Retikulum (ER) lokalisiert ist und eine erhöhte Expression der APOL1-Risikovarianten zu einer Energie-Depletion der Zellen führt.
In unserem von der DFG geförderten Projekt (WE 2550/3-1 & 3-2; Projektnummer 324783603) versuchen wir nun v. a. mit zellbiologischen Ansätzen den Einfluss von APOL1 auf ER-assoziierte Funktionen (z. B. Biosynthese, Proteinsekretion) genauer zu analysieren.