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Das "Paper of the Month" 09/2024 geht an Christiane Engelbertz und Jeanette Köppe aus der Klinik für Kardiologie I und dem IBKF
Für den Monat September 2024 geht das „Paper of the Month“ der Medizinischen Fakultät der Universität Münster an:
Engelbertz C, Marschall U, Feld J, Makowski L, Lange SA, Freisinger E, Gerß J, Breithardt G, Faldum A, Reinecke H, Köppe J. Apixaban, edoxaban and rivaroxaban but not dabigatran are associated with higher mortality compared to vitamin-K antagonists: A retrospective German claims data analysis. J Intern Med. 2024 Oct;296(4):362-376.
Begründung der Auswahl:
Die Arbeit beschreibt anhand einer retrospektiven Analyse von Krankenkassendaten (Barmer) das Risiko von oralen Faktor Xa- und Thrombin-Antagonisten, den sogenannten neuen oralen Antikoagulantien (NOAC), im Vergleich zu einem klassischen Vitamin-K-Antagonisten. Diese “Real-world”-Analyse zeigt ein deutlich ungünstigeres Mortalitätsprofil von Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban im Vergleich zu dem Vitamin-K-Antagonisten; Dabigatran hatte eine nicht signifikant erhöhte Mortalitätsrate. Dabei wurden die Daten von "570,137 anticoagulation-naïve patients with a first prescription of an oral anticoagulant drug” untersucht. Unter anderem war auch die Rate thromboembolischer Ereignisse unter Apixaban und Edoxaban erhöht. Wenn diese Ergebnisse durch andere Untersuchungen an weiteren großen Patientenkohorten bestätigt werden, werden sie erheblichen Einfluss auf die Gabe von neuen oralen Antikoagulantien in verschiedenen zugelassenen Indikationen haben. Die Ergebnisse dieser "real-world"-Analyse sind von großer klinischer Bedeutung. Die Arbeit demonstriert eindrucksvoll, wie Versorgungsforschung auf Basis von realen Daten zur Optimierung von Behandlungsstrategien beitragen kann
Zu Hintergrund, Fragestellung und Bedeutung der Publikation:
Die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAC) wurden in den Zulassungsstudien gegen den in Deutschland sehr selten verschriebenen Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Warfarin untersucht. Die NOAC verhinderten thromboembolische Ereignisse (Schlaganfall, Embolien) mindestens genauso wirkungsvoll wie Warfarin. Ob die NOAC auch gegenüber dem in Deutschland gebräuchlichen Wirkstoff Phenprocoumon („Marcumar“) gleichwertig oder sogar wirksamer sind, ist unklar.
In der Analyse von Krankenkassendaten (Real-world-Daten) zeigte sich bei PatientInnen, die mit einem der vier auf dem Markt verfügbaren NOAC behandelt wurden, eine teils dramatische Übersterblichkeit im Vergleich zu der Behandlung mit Phenprocoumon. Zudem erlitten PatientInnen bei der Behandlung mit zwei spezifischen NOAC im Vergleich zu VKA häufiger thromboembolische Ereignisse, bei den anderen beiden NOACs konnte kein Vorteil in der Verhinderung von thromboembolischen Ereignissen im Vergleich zu VKA festgestellt werden. Lediglich die unter einer Antikoagulation gefürchteten Blutungsereignisse waren bei zwei NOAC weniger wahrscheinlich als unter VKA.
“Die bessere Wirksamkeit der NOACs gegenüber Warfarin wurde bisher auch für Phenprocoumon angenommen, wodurch die Verschreibung des günstigen VKA massiv reduziert wurde und die der NOAC stark gestiegen ist”, sagt Dr. Christiane Engelbertz von der Klinik für Kardiologie I. Und Dr. Jeanette Köppe vom Instititut für Biometrie und Klinische Forschung (IBKF) ergänzt: “Die Studie zeigt, dass die Ergebnisse der Zulassungsstudien der NOAC versus Warfarin nicht auf Phenprocoumon übertragen werden können.”
Background and fundamental question of the publication:
In the pivotal studies, the non-vitamin K antagonist oral anticoagulants (NOACs) were compared to the vitamin K antagonist (VKA) warfarin, that is very rarely prescribed in Germany. They were at least as effective as warfarin in preventing thromboembolic events (stroke, embolism). Whether the NOACs are also comparable or even more effective than the almost exclusively in Germany used phenprocoumon („marcumar“) is unclear.
Our analysis of health insurance data (real-world data) showed that patients who were treated with one of the four NOACs available had an in part dramatic excess mortality compared to patients who were treated with phenprocoumon. In addition, patients treated with two specific NOACs experienced more often thromboembolic events compared to VKA, while the other two NOACs showed no advantage in preventing thromboembolic events compared to VKA. Only the feared bleeding events, which can occur under anticoagulation, were less likely with two NOACs than with VKA.
So far, the better efficacy of the NOACs compared to warfarin was also assumed for phenprocoumon, leading to greatly reduced prescription rates of the inexpensive VKA and sharply rising rates of NOACs. The study shows that the results of the pivotal trials of NOACs versus warfarin are not transferable to phenprocoumon.
Die bisherigen ausgezeichneten „Papers of the Month“ finden Sie HIER.