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Gefäßverstopfung als Mittel zur Tumorbehandlung: Promotionspreis für Dr. Johannes Dreischalück
Münster (mfm/mk) – Gezielte Attacke: In der heutigen Krebsbehandlung werden Tumoren möglichst genau angesteuert, um die Zerstörung von anderem Gewebe zu verhindern. Eine neuartige Methode für eine solche Behandlung konnte Dr. Johannes Dreischalück in seiner Dissertation an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster anwenden. Für seine Arbeit, in der er die Therapiemöglichkeit mit Hilfe von Fusionsproteinen erprobte, erhielt Dreischalück nun den Förderpreis der Maria-Möller-Stiftung.
Dabei konnte Dreischalück nachweisen, dass das Fusionsprotein tTF-NGR in den Blutgefäßen des Tumors an das - dort vermehrt gebildete - Oberflächen-Protein CD13 bindet und dadurch eine Gerinnung im Tumor auslöst. „Diese Gerinnung führt dann dazu, dass die Tumorgefäße verstopfen“, erläutert der Nachwuchswissenschaftler seine Erkenntnisse. „Dadurch bekommt der Tumor keine Nährstoffe mehr, kann seine Abfallstoffe nicht mehr abstoßen und stirbt ab.“ tTF steht dabei für einen „Gewebefaktor“, der für die Gerinnung zuständig ist, NGR bezeichnet ein Peptid, das vorzugsweise an das in Tumorblugefäßen vorhandene Protein CD13 „andockt“. Dieses Fusionsprotein wurde von einem Team aus Wissenschaftlern in einem Projekt der Medizinischen Klinik A am Universitätsklinikum Münster unter der Leitung von Dreischalücks Doktorvater Prof. Wolfgang Berdel entwickelt.
Dreischalück erprobte dann die Wirksamkeit, aber auch mögliche Nebenwirkungen dieser Behandlungsmethode an Tumor-Mausmodellen. „Dabei bekamen die an einem Tumor leidenden Tiere das Fusionsprotein subkutan verabreicht und schon innerhalb kürzester Zeit ließ sich der Effekt der Behandlung erkennen“, erläutert Dreischalück sein Vorgehen. „Der Tumor färbte sich blau – ein Zeichen für Gefäßverstopfung.“ Im Labor arbeitete Dreischalück anschließend daran, herauszufinden, welche Dosierung benötigt wird, damit die Tumoren langsamer wachsen oder sogar ganz zu wachsen aufhören und die Mäuse nicht unter Nebenwirkungen leiden.
„Das Neue an dieser Behandlung ist, dass Tumorgefäße angegriffen werden und nicht die Tumorzellen", berichtet Dreischalück. „Damit kann es bei einem Rückfall schwerer dazu kommen, dass der Tumor resistent gegen die Behandlung ist.“ Allerdings gibt es auch noch Probleme mit dem Fusionsprotein: Es ist zwar wirksam, aber auch toxisch. „In höherer Dosierung kann tTF-NGR auch an Stellen wirken, an denen es nicht wirken sollte, so im Herzen oder in der Lunge der Mäuse“, so der Nachwuchswissenschaftler, der seine Dissertation im „International Journal of Oncology“ veröffentlichen konnte.
Dennoch sind Dreischalücks Erkenntnisse womöglich wegweisend in der Krebsforschung – das Team arbeitet momentan daran, die Nebenwirkungen zu verringern und das Fusionsprotein auf lange Sicht als schonendes Krebsmedikament auch für die klinische Praxis zugänglich zu machen. Dies wird Johannes Dreischalück selbst allerdings nur aus der Ferne mitbekommen: Seine Interessen haben sich zur Arbeit am Patienten verlagert und er arbeitet jetzt als Unfallchirurg in Gütersloh.
„Dennoch war die Forschung für meine Dissertation eine überaus spannende und interessante Tätigkeit“, so Dreischalück – die nun mit dem mit 500 Euro dotierten Förderpreis der Maria-Möller-Stiftung honoriert wird. Das Preisgeld spendet Dreischalück an die Navarro-Mallari-Stiftung, die die operative Versorgung von entstellenden Lippen- und Gaumenspalten bei Kindern und Jugendlichen in entlegenen Gebieten auf den Philippinen unterstützt. „Ein bis zwei Mal pro Jahr fliegt ein Team aus ehrenamtlichen Ärzten und Helfern dorthin, um Menschen zu versorgen, die ohne die Stiftung nie die Chance auf eine Operation bekommen hätten“, so Dreischalück zu seiner Entscheidung.
Die Auszeichnung der Maria-Möller-Stiftung wird seit 2008 für herausragende Dissertationen, in denen sich Nachwuchswissenschaftler mit der Früherkennung und Behandlung von Krebserkrankungen auseinandersetzen, vergeben. Die Stiftung wurde vom münsterschen Rechtsanwalt Dr. Gerd Möller im Gedenken an seine Frau Maria gegründet, die 2006 an den Folgen einer Brustkrebserkrankung starb. Den Preis übergab Prodekan Prof. Peter Preusser stellvertretend an Dreischalücks Doktorvater Prof. Wolfgang Berdel, da der Preisträger zur Promotionsfeier der Medizinischen Fakultät verhindert war: Seine eigene Heirat am selben Wochenende hatte Vorrang.
Link zum Abstract der Promotion
Video zum Preisträger und seiner Studie (zum Abspielen Anklicken). Der Film ist eine Produktion des Servicepunkts Film der WWU im Auftrag der Medizinischen Fakultät: