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Kleine Korrektur, große Wirkung: Forschungsgruppe entwickelt neue Therapieansätze für Primäre Ciliäre Dyskinesie

Prof. Heymut Omran (l.) und Dr. Niki Tomas Loges präsentieren stolz ihre Ergebnisse (Foto: Uni MS/M. Ibraheem)

Münster (mfm/nn) – „Es sind die kleinen Dinge, die das Leben verändern können“. Dieses Zitat von Paulo Coelho könnte für Betroffene von Primärer Ciliärer Dyskinesie (PCD) bald bedeutsam sein. PCD ist eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung, die durch eine fehlerhafte Funktion der beweglichen Zilien in den Atemwegen gekennzeichnet ist. Diese winzigen Härchen sind dafür verantwortlich, die Atemwege sauber zu halten, doch bei PCD versagen sie, was zu wiederkehrenden Infektionen und schweren Lungenschäden führen kann. Bislang gibt es keine Heilung, nur Behandlungen für die Symptome. Prof. Heymut Omran von der Universität Münster hat mit seiner Arbeitsgruppe neue Erkenntnisse erzielt und die zeigen: Schon eine kleine Verbesserung der Funktion der winzigen Zilien in den Atemwegen reicht aus, um die schweren Symptome der Erkrankung spürbar zu lindern.

„Wir entwickeln auf dieser Basis derzeit eine neue Therapie“, sagt Prof. Omran, der der Uniklinik für Allgemeine Pädiatrie als Direktor vorsteht. Eine zentrale Frage dabei lautet: Wie viele funktionierende Zilien sind nötig, um die Atemwege ausreichend zu reinigen? „Um eine Antwort zu erhalten, haben wir einen genetischen Defekt untersucht, der auf dem X-Chromosom liegt und bei Männern zu unbeweglichen Zilien führt“, erklärt der Mediziner. Männer haben nur ein X-Chromosom, daher sind bei ihnen grundsätzlich alle Zilien betroffen und unbeweglich. Frauen hingegen verfügen über zwei X-Chromosomen. Nur eines davon trägt den Defekt, somit weisen sie ein Mosaik aus zwei Zelltypen auf: aus solchen mit normaler Zilienfunktion und solchen mit defekten Zilien.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Omran hat nun den klinischen Verlauf und den zugrundeliegenden genetischen Defekt sowohl bei betroffenen Männern als auch bei Trägerinnen untersucht. Das Ergebnis: Männer mit diesem Defekt haben ausschließlich unbewegliche Zilien, was zu schweren Symptomen führt. Bei sechs untersuchten Frauen hingegen zeigten sich trotz eines Anteils von 38 bis 70 Prozent defekter Zilien nur milde oder gar keine Symptome. Diese Beobachtung legt nahe, dass umgekehrt bereits 30 Prozent funktionsfähige Zilien genügen, um die Atemwegsreinigung weitgehend aufrechtzuerhalten. „Für uns ist das ein wichtiger Durchbruch“, freut sich Prof. Omran. „Wenn es gelingt, nur ein Drittel der Zilien funktionsfähig zu machen, können wir die Lebensqualität der Erkrankten massiv verbessern. Anders gesagt: Es ist nicht immer notwendig, die vollständige Funktion wiederherzustellen, um große Erfolge zu erzielen.“

Die Ergebnisse des Teams, veröffentlicht im „European Respiratory Journal“, bieten vielversprechende Perspektiven für künftige Behandlungen, die den Betroffenen das Leben erleichtern und schwere Lungenschäden verhindern könnten. Besonders Gentherapien, die die fehlerhaften Gene in den Zilien korrigieren, stehen im Fokus weiterer Untersuchungen der Forschergruppe.

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