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Wohin genau hüpfen unsere „springenden Gene“? Neue Studie zeigt, dass der Zufall regiert
Münster (mfm/ps) - Was als eine Art Parasit im menschlichen Genom begann, bevölkert mittlerweile den Großteil unseres Erbgutes - und reguliert sogar dessen Aktivität: Springende Gene, vor allem sogenannte Retrotransposons, haben die Eigenschaft, sich zu kopieren und an anderer Stelle wieder zu integrieren. Dadurch können sie Gensequenzen in Unordnung bringen, sodass Abschnitte unserer DNA nicht mehr korrekt „gelesen“ werden – als Folge drohen Krankheiten, bisweilen sogar Krebs. Ob sich springende Gene an bestimmten Stellen des Erbgutes einnisten, untersuchte nun Dr. Liliya Doronina gemeinsam mit einem Forscherteam an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Die renommierte Zeitschrift „Systematic Biology“ der „Society of Systematic Biologists“ hat die Studie jetzt veröffentlicht.
Wie die springenden Gene es in unser Erbgut geschafft haben, weiß niemand genau. Die Forschung vermutet, dass es sich um „sesshaft“ gewordene Viren handelt, die innerhalb unserer Zellen begannen, sich selbst zu kopieren und an beliebigen Stellen in das Erbgut zu „quetschen“. Damit die Retrotransposons das menschliche Genom nicht gänzlich unbrauchbar machen, hat unser Organismus über die Jahrmillionen ein Abwehrsystem entwickelt - das jedoch nicht alle Sprünge verhindern kann: Die Forschung hat bisher etwa fünfzig Krankheiten identifiziert, die durch springende Elemente ausgelöst werden.
Bei der Studie von Dr. Lilya Doronina und ihrem Team wurde nun erstmals systematisch abgeschätzt, wie häufig die springenden Gene „punktgenau“ am selben Ort im Genom landen. Der Hintergrund: Sollten Stellen im Erbgut, an denen wichtige Gene liegen, die Retrotransposons magnetisch anziehen, wären springende Gene ein hoher Risikofaktor für genetische Krankheiten. Gemeinsam mit ihrem Team analysierte die Biologin bei Primaten das Sprungverhalten der Retrotransposons auf Regelmäßigkeit – und kann Entwarnung geben: Unter den hunderttausenden untersuchten Sprüngen „landeten“ nur in einer Handvoll Fälle die Gene am selben Platz.
„Das bestätigt die Annahme, dass Retrotransposons zufällig inserieren und nur in Ausnahmefällen Krankheiten verursachen“, fasst Privatdozent Dr. Jürgen Schmitz, Koautor und Leiter der Arbeitsgruppe am Institut für Experimentelle Pathologie, die Ergebnisse der Studie zusammen. Dies bedeutet zugleich, dass die springenden Gene für die Erforschung der Phylogenese, also der Stammesgeschichte der Arten, sehr wichtig sind: Aufgrund der Einzigartigkeit ihrer Position können auch bei besonders komplizierten Abstammungsverhältnissen gemeinsame Vorfahren zweier Individuen präzise ermittelt werden.
Die Studie ist zu finden in der Mai-Ausgabe 2019 von Systematic Biology.