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Schwirrende Gefahr aus dem Viehstall: Münstersche Forscher beleuchten Fliegen als Überträger antibiotikaresistenter Keime

Prof. Frieder Schaumburg (l.) und Francis Onwugamba, PhD-Student aus Nigeria, bei der Untersuchung einer Fliege (Foto: FZ/E. Wibberg)

Auf Fliegen – hier eine Schmeißfliege (Calliphora sp) – konnten bereits sämtliche hoch gefährlichen Antibiotikaresistenzen nachgewiesen werden (Foto: FZ/E. Wibberg)

Münster (mfm/sm) -  Kuhfladen, Schweinemist, Schlachtabfälle – was für den Menschen eher unappetitlich daherkommt, ist für so manche Fliege im wahrsten Sinne ein gefundenes Fressen. Gerade in der Tiermast werden allerdings viele Antibiotika verwendet, die resistente Keime entstehen lassen. Genau diese nehmen über die Ausscheidungen der Nutztiere auch die Insekten auf. Da Fliegen ebenfalls Kontakt zu Menschen haben, sind sie so ein „idealer“ Überträger von Erregern. Wissenschaftler der Universität Münster haben daher gemeinsam mit einem internationalen Team die Bedeutung der Schmutzfliege bei der Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterien genauer beleuchtet. In zwei Treffen in Amsterdam und Wien diskutierten sie alle bisher verfügbaren Forschungsarbeiten zum Thema und veröffentlichten ihre Ergebnisse jetzt im Fachmagazin Travel Medicine and Infectious Disease.Schon 2016 hatte eine münstersche Studie gezeigt: In der ländlich geprägten Region sind bis zu 20 Prozent aller Fliegen mit resistenten Keimen wie Escherichia coli (ESBL-produzierende E.-coli) besiedelt, die beim Menschen beispielsweise starke, schwer zu behandelnde Infektionen auslösen können. „Mit unserer damaligen Arbeit konnten wir nachweisen, dass die Bakterien der untersuchten Fliegen häufig dieselben Resistenzgene trugen wie die Bakterien bei unseren Patienten. Da lag ein Zusammenhang nahe - der bis dahin aber noch nicht sicher belegt war“, erklärt Prof. Frieder Schaumburg vom Institut für Medizinische Mikrobiologie. Um der Frage nach der Rolle von „filth flies“ („Schmutzfliegen“) als Überträger auch anderer antibiotikaresistenter Keime weiter nachzugehen - das heißt, der Rolle von Fliegen, die Exkremente und verrottendes Material zur Ernährung sowie Eiablage nutzen -, trafen sich nun Mikrobiologen, Infektiologen, aber auch Veterinärmediziner und Entomologen (Insektenexperten)  zu Workshops in Amsterdam und Wien. Die Experten – unter anderem aus Gabun, Kanada und Dänemark – trugen alle bisher verfügbaren Forschungsergebnisse zusammen und diskutierten sie interdisziplinär – mit klarem Ergebnis: „Auf Fliegen sind sämtliche Antibiotikaresistenzen nachzuweisen, vor denen sich Mediziner heute fürchten. Dazu gehört beispielsweise der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus – besser bekannt als der gefürchtete „Krankenhauskeim“ MRSA. Außerdem konnten wir nachweisen, dass die antibiotikaresistenten Bakterien von Fliegen, Menschen und Tieren nahezu identisch sind. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass Fliegen bei der Verbreitung eine wichtige Rolle spielen“, so Workshop-Leiter Schaumburg. Vor voreiligen Schlüssen warnt der Mikrobiologe dennoch: „Es braucht noch viel Forschungsarbeit, um zu prüfen, welchen Anteil resistente Erreger von Fliegen tatsächlich bei den Infektionszahlen in Krankenhäusern und Arztpraxen haben. Schon jetzt werden wir uns aber auch mit wirksamer, ökologisch sinnvoller Schädlingsbekämpfung beschäftigen müssen.“ Unterstützt wurde das internationale Team um Schaumburg durch das EU-Projekt Joint Programming Initiative on Antimicrobial Resistance, kurz JPPIAMR, und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die die Zusammenarbeit mit über 40.000 Euro förderten. Link zur Publikation

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