Westdeutsches Infektionspräventionsnetzwerk - KI-basierte Antibiotikaresistenzdetektion

Antibiotikaresistenzen werden auch die "stille Pandemie" genannt, die jährlich bis zu 5 Millionen Todesopfer fordert. Eine zielgerichtete und vor allem frühzeitige Antibiotikatherapie kann bei schweren Infektionen Leben retten. Bisher benötigen die klassischen Methoden der medizinischen Mikrobiologie zu viel Zeit. Daher werden schnellere Verfahren dringend benötigt. Im Westdeutschen Infektionspräventionsnetzwerk - KI-basierte Antibiotikaresistenzdetektion (WIN-KID) wollen wir untersuchen, ob Ganzgenomdaten geeignet sind, um nicht nur die Antibiotikaresistenzen sondern auch die sogenannten "minimalen Hemmkonzentrationen" (MHK) von Antibiotika nachweisen können. Damit sind zwei Vorteile gegenüber der reinen Vorhersage von Resistenzen verbunden: Erstens sind die Vorhersagen unabhängig von Neuerungen im Regelwerk der MHK-Interpretationen, zweitens kann mit dem Wissen über die MHK die Dosis von Antibiotika bei schweren Infektionen besser angepasst werden. Die Vorhersage der MHK soll mittels Maschinellem Lernen erprobt werden. Dazu kooperieren Partner aus Mikrobiologie, Hygiene, Bioinformatik/Künstliche Intelligenz und KMU im WIN-KID Netzwerk, um langfristig die Gesundheitsversorgung nicht nur in NRW zu verbessern.

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Predicting antimicrobial resistance with machine learning algorithms

Die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen ist ein weltweites Problem und fordert zunehmend Todesopfer (ca. 4,95 Mio. in 2019). Um diese Entwicklung einzudämmen, muss der Gebrauch von Antibiotika reduziert werden bzw. zielgerichteter erfolgen. Aktuell ist der rationale Einsatz von Antibiotika durch langsame Diagnostikmethoden eingeschränkt. Schnelle Verfahren zur Empfindlichkeitstestung von Antibiotika sind daher erforderlich.

Das Risiko von Infektionen mit antibiotikaresistenten Erregern wird nicht nur durch den Erreger (z.B. Resistenzgene), sondern auch durch den Wirt/Mensch (z.B. Medikamente, Vorerkrankungen) und die Umwelt (z.B. berufliche Exposition, Aufenthalt in einem Pflegeheim, etc.) bestimmt. Wir wollen daher untersuchen, ob anhand von Erreger-, Patienten- und Umweltdaten eine genaue Prognose von Antibiotikaresistenzen mittels Machine-Learning-(ML)-Methoden möglich ist. Diese Prognose läge unmittelbar nach der Speziesidentifizierung vor, 18-24 h schneller als die bisherigen kulturbasierten Methoden. Wir wollen nicht nur die Resistenz, sondern die genaue minimale Hemmkonzentration (MHK) vorhersagen. Die MHK ist unabhängig von den sich stetig ändernden MHK-Grenzwerten, ab wann ein Erreger als resistent gilt, sodass unsere vorgeschlagenen Modelle generalisiert werden können.

Wir werden eine projektspezifische retrospektive Datenbank anlegen (2021-2022), die aufgrund einer bakteriellen Infektion im Universitätsklinikum Münster behandelt wurden. Wir werden für jede Kombination aus Spezies und Antibiotikum verschiedene ML-Modelle anpassen und vergleichen, darunter Random Forests, Extreme Gradient Boosting, Support Vector Machines, Regularized Linear Regressions und Neural Networks. Jedes Modell umfasst eine Pipeline inklusive Preprocessing, Variablenselektion etc., deren Hyperparameter optimiert werden. Ziel ist es, das beste ML-Modell und die wichtigsten Einflussgrößen zu identifizieren und es durch ein weniger komplexes Modell zu approximieren, das im klinischen Alltag verwendet werden kann. Die Generalisierbarkeit der Vorhersagefähigkeit der finalen ML-Modelle werden wir an einem separaten Datensatz aus einer anderen geographischen Region in Deutschland validieren.

In einem retrospektiven Patientenkollektiv werden wir überprüfen, ob die Prognose von Antibiotikaresistenzen mittels ML-Algorithmen die Verschreibung von Antibiotika verbessert hätte. Dazu werden die vorhergesagten MHK in die Kategorien “empfindlich”, “empfindlich bei erhöhter Exposition” und “resistent” basierend auf EUCAST Grenzwerten übersetzt. Wir werden die ML-basierte Vorhersage mit der Verschreibung des medizinischen Personals vergleichen.

Mithilfe der vorgeschlagenen Studie können wir dazu beitragen, inwiefern ML-Algorithmen in die mikrobiologische Diagnostik integriert werden können, um durch die Verwendung von Erreger-, Patienten- und Umweltdaten eine Verbesserung der Antibiotikaverschreibung zu erreichen. Das Projekt wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (SCHA 1994/12-1).  

Improving the treatment of skin and soft tissue infections in Low and Middle Income Countries

Am Masanga Hospital in Sierra Leone führen wir aktuell ein Forschungsprojekt durch zur Verbesserung der Versorgung von Haut- und Weichgewebeinfektionen. Staphylococcus aureus Stämme in sub-Sahara Afrika bilden häufig das porenbildende Protein-Toxin "Panton-Valentine Leukozidin". Wir wollen prüfen, ob durch die zusätzliche Gabe von Clindamycin bei der Behandlung von S. aureus Infektionen die Toxin-Wirkung abgeschwächt werden kann. Diese Projekt wird unterstützt von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit/Else-Kröner Fresenius Stiftung.

Versorgung von Buruli Ulkus-Patient*innen in Sierra Leone

Das Buruli Ulkus wird durch Mycobacterium ulcerans verursacht; der Erreger ist aber nur sehr schwer nachzuweisen. Am Masanga Hospital in Sierra Leone werden in einer Spezialsprechstunde vor allem Patient*innen mit Buruli Ulkus behandelt. Wir wollen die medizinische Versorgung unterstützen, indem wir eine PCR-basierte Schnelltest Diagnostik vor Ort etablieren. Dieses Projekt wird unterstützt von der Gesellschsaft für Internationale Zusammenarbeit / Else-Kröner Fresenius Stiftung. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie auch hier.

Transmigration von Staphylococcus aureus aus dem Blut in den Urin: ein Weg zur frühen Sepsisdiagnostik?

Viele Patient:innen mit einer Staphylococcus aureus Bakteriämie (SAB) haben auch eine begleitende S. aureus Bakteriurie (SABU), die mit einem schlechteren klinischen „Outcome“ assoziiert ist. Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern von der Core Unit Proteomics (Prof. Simone König) wollen wir verstehen, wie die Transmigration von S. aureus aus dem Blut in den Urin erfolgt und ob dieses Phänomen der sekundären SABU für den schnelleren Nachweis einer SAB im Sinne einer patientennahen Labordiagnostik genutzt werden kann. Dabei wird das Urin-Proteom von Personen mit SAB und Non-S. aureus Bakteriämie im Hinblick auf S. aureus spezifische Proteine miteinander verglichen. Dadurch sollen Antigen-Kandidaten identifiziert werden, die für die Entwicklung eines Lateral-Flow-Schnelltests eingesetzt werden könnten. Das Projekt wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (SCHU 3689/1-1).