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Warum die Pandemie Männer härter trifft: WWU-Professorin erläutert es im Sammelband „Jenseits von Corona“
Münster(mfm/mw) – Nervige Mund-Nasen-Bedeckungen und Mindestabstände, kaum Sozialkontakte – wie lange müssen wir das noch aushalten? Einige kluge Köpfe machen sich schon jetzt Gedanken, wie ein Leben nach der Pandemie aussehen wird. Laut den Autoren des Sammelbandes „Jenseits von Corona“ hat dieses bereits begonnen – mit erheblichen, oft nicht sofort erkennbaren Kollateralschäden. Auch die Medizinprofessorin Bettina Pfleiderer von der Universität Münster (WWU) hat ein Kapitel zu dem Buch beigesteuert, darin beleuchtet sie die geschlechterspezifischen Konsequenzen der Corona-Krise: „Frauen und Männer erkranken unterschiedlich schwer an COVID-19 und ältere Männer sterben häufiger“, fasst die Medizinerin die verfügbaren weltweiten Statistiken zusammen. Pfleiderer sieht Handlungsbedarf und will die noch wenig thematisierten Folgeschäden demaskieren.
„Die genauen Gründe für den fast doppelt so hohen, aber von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachteten Anteil von Männern bei Corona-Patienten zwischen 50 und 79 Jahren mit schwereren Krankheitsverläufen kennen wir noch nicht“, erläutert die Medizinerin, die die WWU-Forschungsgruppe „Cognition & Gender“ leitet. Vermutet werde, dass geschlechterunterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen. „So haben Frauen ein effektiveres Immunsystem als Männer“, erläutert Pfleiderer. Aber nicht nur gesundheitliche Probleme bringe die Pandemie mit sich, sondern auch eine Zunahme häuslicher Gewalt: Zahlen aus den USA offenbarten einen Anstieg der gemeldeten Fälle während des Lockdowns um ein Fünftel – nicht eingerechnet die Dunkelziffer aufgrund des zeitweise erschwerten Zugang zu Justiz und Schutzdiensten.
„Ich war noch nie eine Freundin von ‚lähmender Gewöhnung‘“, sagt Bettina Pfleiderer, „daher werde ich in einer Welt nach Corona eine aktive Rolle bei den notwendigen Veränderungsprozessen im Gesundheitssystem einnehmen“. Als globale Gesundheitsexpertin, ehemalige Präsidentin des Weltärztinnenbundes (2016 bis 2019) und Mutter berichtet sie, wie die Pandemie auch ihre persönliche und berufliche Lebenswelt entschleunigt(e). Immerhin fand sie dadurch Zeit für die Beteiligung an dem Buchprojekt des transcript-Verlages. Die Mehrzahl der insgesamt 30 Beiträge über Kollateral- und Folgeschäden der Pandemie stammt aus den Sozial-, Verhaltens- und Geisteswissenschaften; Pfleiderer ist eine von nur sechs Autoren aus der Medizin.
Maja Wollenburg