Besondere Ehrung: Ann-Kristin Dicke schließt Promotion mit „summa cum laude“ ab

Jedes Jahr werden die besten Doktorand*innen des vergangenen Jahres für ihre außergewöhnlichen Leistungen geehrt. In diesem erlesenen Kreis findet sich nun auch Ann-Kristin Dicke aus unserem Institut wieder, die ihre Promotion mit der höchsten akademischen Auszeichnung, dem „summa cum laude", abschloss. Hier teilt Ann-Kristin inspirierende Einblicke in ihre wissenschaftliche Reise und gibt zukünftigen Promovierenden wertvolle Tipps.

Liebe Ann-Kristin, woran hast du in deiner Promotion gearbeitet?

Ann-Kristin Dicke: Ich habe mich in meiner Promotion mit genetischen Ursachen männlicher Unfruchtbarkeit beschäftigt. Häufig ist Infertilität auf Varianten in einzelnen Genen zurückzuführen.
In dem Hauptprojekt meiner Doktorarbeit konnte ich das NXT2-Gen als wichtiges Fertilitäts-Gen identifizieren. Männer, welche eine Variante in diesem Gen tragen, können keine Keimzellen produzieren und damit auch mithilfe von medizinisch assistierter Reproduktion keine eigenen Kinder bekommen. Außerdem haben wir durch die Identifizierung von Bindungspartnern in Zellen und auch in menschlichem Hodengewebe erste Hinweise auf die Funktion von NXT2
In einem zweiten Projekt haben wir das Rätsel einer besonderen Region auf dem Y-Chromosom gelöst. Es war lange bekannt, dass das Fehlen der sogenannten AZFa Region bei betroffenen Männern zu Azoospermie (keine Spermien im Ejakulat) führt. Lange war es unklar, welches der drei Gene in dieser Region verantwortlich für diese schwere Form der Unfruchtbarkeit ist. Ich konnte nun durch die Identifizierung von vier azoospermen Männern mit Varianten, die zum kompletten Funktionsverlust des resultierenden Proteins führen, herausfinden, dass das DDX3Y-Gen das entscheidende in der AZFa Region ist.
In einem dritten Projekt haben wir eine weitere, bereits lange währende Frage beantwortet. Es war bereits bekannt, dass das Hormon INSL3 und sein Rezeptor RXFP2 wichtig für die embryonale Absenkung der Hoden in den Hodensack sind. Eine Störung dieses Prozesses führt zum Hodenhochstand (Kryptorchismus), was 2 9 % aller männlichen Neugeborenen betrifft. Lange haben sich Genetiker gefragt, ob Varianten im INSL3- oder RXFP2-Gen zu Kryptorchismus führen und ob die Vererbung autosomal rezessiv oder dominant stattfindet. Man hat Varianten auf einer Genkopie (heterozygot) schon vor einiger Zeit bei betroffenen Männern gefunden, mit neuesten Sequenzierungstechniken allerdings auch zunehmend in Kontrollkohorten. 2019 gab es dann eine Studie, die erstmals von einer homozygoten Variante in RXFP2 berichtete. Mit unserem Projekt konnten wir zwei weitere Familien mit homozygoten RXFP2 Varianten und einen betroffenen Mann mit homozygoter INSL3 Variante beitragen und somit die Hypothese einer autosomal rezessiven Vererbung für beide Gene unterstützen.

Wie lief der Tag deiner Ehrung?

Ann-Kristin Dicke: Die summa cum laude Ehrung war ein sehr schöner, festlicher Abend im Münsteraner Schloss mit einer Rede des Rektors, einem Festvortrag, der Ehrung, musikalischen Zwischenspielen und anschließendem Sektempfang. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass meine Familie und meine Betreuerin Dr. Birgit Stallmeyer diesen Abend mit mir verbracht haben.

Welchen Tipp würdest du allen geben, die nun mit ihrer Promotion starten?

Ann-Kristin Dicke: Das Wichtigste ist, dass man Freude am Forschen und an der Thematik hat. Außerdem würde ich allen raten, viel und mit allen zu kommunizieren – der Austausch mit anderen Doktoranden war für mich sehr wichtig, ebenso wie eine gute Kommunikation mit den Betreuern oder Gutachtern, auch über Schwierigkeiten. Mögliche Probleme sollte man nicht vor sich herschieben, sondern besprechen und möglichst schnell lösen. Promotionskomitee-Meetings sind sehr hilfreich – da kann ich nur empfehlen, sehr gut zuzuhören, was die Gutachter über das Projekt, die Richtung, die es nimmt, und den Fortschritt denken und sich konstruktive Kritik wirklich zu Herzen zu nehmen. 
Für mich war es außerdem sehr gut zu wissen, dass ich neben meinem etwas riskanteren Projekt auch noch ein sichereres Projekt hatte – falls das möglich ist, bietet das natürlich viel Sicherheit. 
Und dann ist es natürlich sehr wichtig, immer neugierig zu bleiben. Manchmal entdeckt man neue und spannende Dinge, die man übersehen hätte, hätte man nicht aus Neugier und Eigeninitiative tiefer nachgeforscht…

Was sind deine nächsten Schritte?

Ann-Kristin Dicke: Ich habe bereits im November eine Stelle als Postdoc am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg angetreten. Ich begeistere mich schon immer für das Genom und forsche daher nun in der Nachwuchsgruppe „Mechanisms of Genome Control" bei Dr. Angelika Feldmann. In meiner Doktorarbeit habe ich mich vorwiegend mit den kodierenden Teilen des Genoms beschäftigt, jetzt werde ich an den nicht-kodierenden Teilen und an Genregulation forschen. Außerdem freue ich mich sehr, dass ich dafür mit einem Fellowship der Dr. Rurainski Stiftung gefördert werde.

Möchtest du deinen ehemaligen Kolleg*innen noch etwas ausrichten?

Ann-Kristin Dicke: Sehr gerne! Ich habe die Zeit meiner Doktorarbeit am IRG, aber auch die Zeit davor in der Molekulargenetik sehr genossen. Mit vielen Kollegen bin ich immer noch in gutem Kontakt und hoffe, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. Ich danke Euch für die gemeinsame Zeit, die vielfältige Unterstützung und die super Arbeitsatmosphäre!

Wir möchten dir auch für die gemeinsame Zeit danken und wünschen dir für die Zukunft viel Erfolg für deine weitere wissenschaftliche Karriere als Doktorin! Herzlichen Glückwunsch für diese großartige und verdiente Leistung!