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Grenzen den Lichts übersprungen: Neues Superresolution-Mikroskop ermöglicht höchste Auflösung

Dr. Jochen Seebach (l.) und Dr. Abdallah Abu Taha (beide: Anatomie und Vaskuläre Biologie) sowie Dr. Astrid Jeibmann (Neuropathologie) freuen sich über die neuen technischen Möglichkeiten. Sie werden das Mikroskop technisch betreuen (Foto: mk)

Münster (mfm/tw) - Reisen zum Mittelpunkt der Zelle: Ein neues Mikroskop am Zentrum für Pathologie, Anatomie und Neuropathologie (PAN-Zentrum) der Medizinischen Fakultät der Universität Münster ermöglicht die Untersuchung lebender Zellen in bis vor kurzem unmöglicher Auflösung. Mit einem herkömmlichen Lichtmikroskop hat das rund eine Million Euro teure Gerät nur wenig gemein: Das neue Mikroskop ermöglicht Auflösungen weit jenseits des nach dem deutschen Physiker Ernst Abbe (1840–1905) benannten Abbe-Limits von 500 Nanometern.
„Mit dem neuen Gerät können wir Strukturen durch Anregung mit Laserlicht sichtbar machen“, erläutern die Professoren Hans Schnittler (Anatomie und Vaskuläre Biologie) und Werner Paulus (Neuropathologie). „Das ermöglicht uns unter optimalen Voraussetzungen Einblicke in die Strukturen selbst lebender Zellen, die bisher unmöglich waren.“ Die Auflösung konventioneller Lichtmikroskope ist nämlich aufgrund der Wellennatur des Lichts begrenzt: Wenn Details so nahe beieinander liegen, dass der Abstand unterhalb der Wellenlänge des verwendeten Lichts liegt, kann ein Lichtmikroskop sie nicht mehr getrennt abbilden; durch spezielle Techniken können moderne Lichtmikroskope diese Grenze aber überwinden.
Das neue hochauflösende Mikroskop ist eine Kombination zweier Produkte der Carl Zeiss AG. Als Kernstück dient das LSM 780, ein konfokales Laser-Scanning-Mikroskop – das ist ein Lichtmikroskop, bei dem das zu untersuchende Präparat nicht in seiner Gesamtheit beleuchtet, sondern durch fokussierte Lichtflecke abgetastet wird. Bei modernen Geräten werden Laser verwendet, die fluoreszierende Farbstoffe (künstlich eingebracht, etwa zur Untersuchung bestimmter Proteine) anregen. Konfokale Mikroskope sind zur hochauflösenden Untersuchung dreidimensionaler Strukturen besonders geeignet, da Licht über- und unterhalb der Schärfeebene durch eine Lochblende blockiert wird – das Prinzip ermöglicht präzise Aufnahmen auf verstellbarer Schärfeebene. Ein vollständiges, bei Bedarf dreidimensionales Bild wird erst durch einen Computer errechnet und am Monitor dargestellt.
Im PAN-Zentrum wird das LSM 780 in Kombination mit dem ELYRA-System genutzt, das in seiner umfassendsten Ausstattung zwei Techniken der Superauflösung – SR-SIM und PAL-M – kombiniert. SR-SIM („Superresolution-Structured Illumination“) erlaubt eine Verdopplung der Auflösung herkömmlicher Lichtmikroskope und damit die Überschreitung des Abbe-Limits durch die Nutzung von Moiré-Mustern: Das Präparat wird auf jeder Tiefenebene mit Lichtrastern unterschiedlicher Ausrichtung überlagert; die dadurch entstehenden Moiré-Muster enthalten zusätzliche Informationen, die dem Computer die Berechnung eines höher aufgelösten Bildes ermöglichen.
PAL-M („Photoactivated Localization-Microscopy“) ist eine weitere Technik, die eine besonders hohe Auflösung bis hinunter zu 20 Nanometern ermöglicht. Zum Vergleich: Die meisten Viren haben einen Durchmesser zwischen 20 und 300 Nanometern. Mit herkömmlicher Fluoreszenzmikroskopie können nah beieinanderliegende Moleküle nicht unterschieden werden, da sie sich gegenseitig überstrahlen. PAL-M macht sich zunutze, dass bestimmte als Marker genutzte Proteine durch Lichtimpulse aktiviert und deaktiviert werden können: Durch mehrfache Lichtimpulse wird jeweils zufällig nur ein Teil der Proteine aktiviert, am Computer wird aus den Einzelaufnahmen ein hochaufgelöstes Bild mit der exakten Position des Signals berechnet.
Die Arbeitsgruppe Schnittler und die Arbeitsgruppe Paulus als zweiter Hauptnutzer werden vorerst mit dem Gerät arbeiten: Die Teams untersuchen unter anderem die Organisation und Regulation von Proteinkomplexen, die Zellen aneinander halten (Zellkontakte) und wie sich bestimmte Tumoren auf subzellulärer Ebene im Gehirn von Mensch, Maus und Fliege verhalten. Die Kosten für das neue Mikroskop teilen sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Land Nordrhein-Westfalen.

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