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Handlungskontrolle bei Schizophrenie: Promotionspreis für Studie von Dr. Andreas Wilmsmeier

Gemeinsam mit Klinikdirektor Prof. Volker Arolt (l.) und Doktormutter PD Dr. Patricia Ohrmann übergab Stiftungsgründer Dr. Joachim Elbrächter (2.v. r.) Dr. Andreas Wilmsmeier die Auszeichnung (Foto: FZ/Thomas)

Münster (mfm/tw) – Gehemmtes Handeln: Schizophrenen Menschen fällt es oft schwer, Handlungen zu planen, zu beginnen und zu überwachen. Für seine Doktorarbeit hat sich Dr. Andreas Wilmsmeier mit den zugrunde liegenden Fehlfunktionen im zentralen Nervensystem befasst – und Hinweise dafür gefunden, dass diese Fehlfunktionen durch andere Bereiche des Gehirns kompensiert werden können. Für seine exzellente Leistung ist der Neuropsychiater nun mit dem Promotionspreis der münsterschen Stiftung Pro ZNS (Zentrales Nervensystem) ausgezeichnet worden.
Vor allem junge Erwachsene sind von Schizophrenien betroffen. Für die Prognose ist entscheidend, wie gut sie Handlungen planen, beginnen und überwachen können; diese Fähigkeiten werden als Exekutivfunktionen bezeichnet. Im Alltag wechseln Anforderungen rasch, deshalb ist es wichtig, Handlungen bei Situationsänderungen neu planen zu können. „Eine solche Änderung wird als Set-Shifting bezeichnet“, erläutert Wilmsmeier: „Schizophrenie-Patienten tun sich damit schwer – aber welche nervalen Fehlfunktionen im Gehirn der Betroffenen damit zusammenhängen, ist bisher nur unzureichend erforscht.“
Für die Studie nahmen 36 Patienten mit einer schizophrenen Psychose (DSM-IV) und 28 gesunde Probanden an einem Kartensortiertest (Wisconsin Card Sorting Test, WCST) im Kernspintomographen teil. Die Testteilnehmer wurden aufgefordert, am Computer Spielkarten einander zuzuordnen – erfuhren aber nicht, nach welchen Kriterien. Stattdessen bekamen sie nach jedem Zuordnungsversuch eine Rückmeldung, ob die Karte richtig oder falsch zugeordnet worden ist. Wilmsmeier wertete die nervalen Reaktionen im Gehirn der Betroffenen auf Falsch-Rückmeldungen im Vergleich zu Richtig-Rückmeldungen aus.
Bei Schizophrenie-Patienten war ein Bereich des Gehirns, das anteriore Cingulum (ACC), signifikant stärker aktiv als bei nicht erkrankten Teilnehmern; und während Patienten nur im rechten dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC) eine signifikante Aktivierung zeigten, fanden sich bei nicht Erkrankten beidseitige Aktivierungen. Diese Unterschiede sind dadurch zu erklären, dass Schizophrenie-Patienten durch das Set-Shifting deutlich stärker gefordert werden als gesunde Menschen – und nur durch eine verstärkte Aktivierung eine ähnliche Leistung erbringen können.
Die vorliegenden Ergebnisse dieser und anderer Arbeitsgruppen bestätigen, dass bei Patienten mit einer schizophrenen Psychose neurale Schädigungen in einigen genau umschriebenen frontalen Hirnarealen bestehen, diese aber durch kompensatorische Aktivierungen in und mit anderen Hirnarealen ausgeglichen werden können. In einer Fortsetzung der dargestellten Studie konnte aktuell gezeigt werden, dass es durch ein Training der exekutiven Fähigkeiten zu neuen und besseren Verschaltungen des anterioren Cingulums mit dem frontalen Kortex kommt. Insgesamt legen die Studienergebnisse nahe, dass nicht nur Medikamente positiv auf die Hirnaktivität und damit die Leistungsfähigkeit von Betroffenen wirken, so Wilmsmeier: „Rehabilitative und soziotherapeutische Verfahren sind für Patienten mit Psychosen ebenfalls wichtig.“
Wilmsmeier wurde 1979 in Bünde (NRW) geboren. Ab dem Jahr 2000 studierte er in Münster Humanmedizin, 2007 schloss er das Studium ab und erhielt seine Approbation als Arzt. Nach einer Zwischenstation in Dortmund kehrte Wilmsmeier Anfang 2009 als Wissenschaftlicher Assistent in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie nach Münster zurück. Für seine 2010 abgeschlossene Dissertation erhielt er die Bestnote summa cum laude.
Die Stiftung Pro ZNS wurde 2009 von Dr. Joachim Elbrächter gegründet und hat sich der Aufklärung über Krankheitsbilder und Therapien sowie der Förderung von gemeinnützigen Institutionen und des wissenschaftlichen Nachwuchses verschrieben. Stifter Elbrächter hat in Würzburg, Kiel, Wien und Münster Medizin studiert und wurde in Heidelberg promoviert. Seit 1981 ist er als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Münster-Hiltrup niedergelassen und gleichzeitig Leiter der neurologischen Belegklinik der Raphaelsklinik.

Publikationen:
Wilmsmeier A, Ohrmann P, Suslow T, Siegmund A, Koelkebeck K, Rothermundt M, Kugel H, Arolt V, Bauer J, Pedersen A. Neural correlates of set-shifting: decomposing executive functions in schizophrenia. J Psychiatry Neurosci. 2010; 35(5):321-9.
Pedersen A, Wilmsmeier A, Wiedl KH, Bauer J, Kueppers K, Koelkebeck K, Kohl W, Kugel H, Arolt V, Ohrmann P. Anterior cingulate cortex activation is related to learning potential on the WCST in schizophrenia patients. Brain Cogn 2012 79(3):245-51.
Ohrmann P, Kugel H, Bauer J, Siegmund A, Koelkebeck K, Suslow T, Wiedl KH, Rothermundt M, Arolt V, Pedersen A. Learning potential on the WCST in schizophrenia is related to the neuronal integrity of the anterior cingulate cortex as measured by proton magnetic resonance spectroscopy. Schizophr Res. 2008 106(2-3):156-63.

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