„Kollektive Fürsorgepflicht“ für 70.000 Angestellte: der oberste RWE-Arbeitsmediziner Dr. Christian Feldhaus im Porträt
Münster (mfm/mk) – Von der Schreinerlehre zum Medizinstudium, über die Technische Orthopädie zur Arbeitsmedizin: Es ist ein ungewöhnlicher Karriereweg, den Dr. Christian Feldhaus, Leitender Werksarzt des RWE-Konzerns, eingeschlagen hat. Was macht Mitarbeiter wirklich krank? Wie können einzelne Angestellte und gleichzeitig ein ganzer Bereich geschützt werden? Und welchen Einfluss hat Führungsverhalten auf die Gesundheit? Solchen Fragen geht Feldhaus nach – und das nicht nur als „Chief Medical Officer“ bei RWE, sondern auch als alleiniger Hochschullehrer für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Duisburg-Essen. Begonnen hat seine Karriere indes in Münster: In seiner „Traumstadt“, wie er sie nennt, hat Feldhaus studiert - und hier möchte er später auch wieder wohnen.
„Gesundheit ist Führungsaufgabe“ – so lautet das Motto von Dr. Christian Feldhaus. In seinem Alltag schlägt sich das unter anderem in der Beratung und Untersuchung von Führungskräften nieder. „Schlechte Führung macht krank“, sagt Feldhaus. Er muss es wissen, ist er doch als Leitender Arbeitsmediziner mit einem 120-köpfigen Team für das gesamte betriebliche Gesundheitsmanagement des DAX-notierten RWE-Konzerns zuständig - und damit für die Gesundheit von weltweit rund 70.000 Mitarbeitern. Für das Tagesgeschäft bedeutet dies vor allem, Managementaufgaben wie die Organisation von Seminaren wahrzunehmen – „morgens habe ich aber meist immer noch für ein bis zwei Stunden den Kittel an“, so Feldhaus.
Geplant hat er seine Karriere auf dem Feld der Arbeitsmedizin nur bedingt: Nach dem Abitur machte Feldhaus zunächst eine Ausbildung zum Schreiner, bevor er dann im Zivildienst seine Liebe zur Medizin entdeckte. 1963 in Datteln geboren, war Münster ein buchstäblich nahe liegendes Ziel und „zum Glück habe ich dort auch direkt einen Studienplatz bekommen“, erzählt Feldhaus. Im Studium war die Arbeitsmedizin zunächst nicht primäres Berufsziel: Vielmehr faszinierte ihn die Orthopädie, auch wegen des Handwerklichen. Am damals europaweit einzigen Lehrstuhl für Technische Orthopädie unter der Leitung von Prof. René Baumgartner war er zunächst drei Jahre studentische Hilfskraft, bevor er dort 1993 mit einer Arbeit über die orthopädisch-technischen Aspekte von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte promoviert wurde. Anschließend hat er an derselben Klinik als „Arzt im Praktikum“ die für die Arbeitsmedizin erforderliche Weiterbildung begonnen.
Letztlich entschied er sich nämlich schon im Studium für die Arbeits- und Sozialmedizin – wegen der präventiven Ausrichtung, wie er selbst sagt: „Während die Orthopädie meist rein kurativ und reparativ arbeitet, kann die Arbeitsmedizin Erkrankungen verhindern“. Nach einigen Jahren als Oberarzt am Universitätsklinikum Essen ging Feldhaus vor 15 Jahren zu RWE und war seitdem bereits drei Mal für eine Umstrukturierung und Zentralisierung des arbeitsmedizinischen Sektors im Konzern federführend. Seit 2009 ist er als „Chief Medical Officer“ für die gesundheitliche Versorgung und Präventivmedizin des weltweit operierenden Konzerns zuständig. Daneben hat er 2011 nach über zehn Jahren Lehrauftrag die Lehre für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Duisburg-Essen komplett übernommen und steht dafür regelmäßig im Hörsaal.
Gesundheit ist für Feldhaus mehr als die bloße Abwesenheit von Krankheit: „Alle Mitarbeiter sollten in einem Zustand körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens sein“, verweist er auf die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nicht nur die körperlichen Belastungen müssten damit eingeschätzt und behandelt werden, auch die psychomentale Komponente am Arbeitsplatz könne heute nicht hoch genug bewertet werden: „Sich bei der Arbeit wohl zu fühlen, hat viel mehr mit einem guten Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten zu tun, als etwa mit einem richtig eingestellten Bürostuhl“, so Feldhaus.
Dies lässt sich unter anderem an den von ihm und seinem Team alle zwei Jahre durchgeführten Mitarbeiterbefragungen ablesen: Hierbei erhobene Gesundheits-, Motivations- und Führungsindices zeigen an, wie gesund und leistungsbereit die Mitarbeiter in ihrem Unternehmen sind. Die Ergebnisse stehen in direktem Zusammenhang mit den Krankenständen in der betreffenden Abteilung. „Hier setzt dann auch unsere Präventionsarbeit an“, so Feldhaus, „beispielsweise mit Seminaren und Coachings für Führungskräfte, aber auch mit arbeitsmedizinischen Maßnahmen moderner Prägung wie einem vorsorgenden Umgang mit Themen wie Burn-Out. Auch groß angelegte Kampagnen, etwa zur Darmkrebsvorsorge oder dem Umgang mit Pandemien, gehören zu Feldhaus‘ Aufgabenbereich. „Hier entwerfen wir vor allem Krisenpläne, beispielsweise für den Fall, dass plötzlich alle Mitarbeiter eines Kraftwerks an einer Pandemie erkranken“, schildert er. „Dabei muss der einzelne Mitarbeiter geschützt, gleichzeitig aber die Handlungsfähigkeit des Unternehmens als Stromversorger aufrechterhalten werden.“
Eine große Herausforderung, aber auch der für Feldhaus spannendste Aspekt seiner Arbeit: „Wenn der Spagat zwischen dem Individualschutz für den Einzelnen am Arbeitsplatz und der kollektiven Fürsorgepflicht für den gesamten Betrieb und die davon Betroffenen wie etwa Stromkunden gelingt, ist das gute Arbeitsmedizin“, so Feldhaus. Auch wenn er so mittlerweile fast nichts mehr mit seinem Promotionsfach Orthopädie zu tun hat, bleibt er der Stadt Münster weiter treu. Etwa einmal im Monat besuchen Feldhaus und seine Frau die Stadt, fahren Rad auf der Promenade oder bummeln über den Prinzipalmarkt. „Ich habe mir natürlich auch die Ausstellung über Gerhard Domagk an der Medizinischen Fakultät angesehen“, berichtet Feldhaus begeistert. „Solche Erlebnisse erzeugen ein Gänsehautgefühl. Wenn ich im Ruhestand bin, kommen meine Frau und ich auf jeden Fall nach Münster zurück – einmal Traumstadt, immer Traumstadt!“
(Mit diesem Bericht setzt der Alumni-Verein „MedAlum“ der Medizinischen Fakultät Münster seine Reihe von Porträts ungewöhnlicher „Ehemaliger“ fort. Die Hinweise stammen aus dem Absolventenregister von MedAlum.)
Nachtrag: Am 19. Juni 2015 hat die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Dr. Christian Feldhaus die Honorarprofessur verliehen. MedAlum gratuliert herzlich zu dieser Auszeichnung!
„Gesundheit ist Führungsaufgabe“ – so lautet das Motto von Dr. Christian Feldhaus. In seinem Alltag schlägt sich das unter anderem in der Beratung und Untersuchung von Führungskräften nieder. „Schlechte Führung macht krank“, sagt Feldhaus. Er muss es wissen, ist er doch als Leitender Arbeitsmediziner mit einem 120-köpfigen Team für das gesamte betriebliche Gesundheitsmanagement des DAX-notierten RWE-Konzerns zuständig - und damit für die Gesundheit von weltweit rund 70.000 Mitarbeitern. Für das Tagesgeschäft bedeutet dies vor allem, Managementaufgaben wie die Organisation von Seminaren wahrzunehmen – „morgens habe ich aber meist immer noch für ein bis zwei Stunden den Kittel an“, so Feldhaus.
Geplant hat er seine Karriere auf dem Feld der Arbeitsmedizin nur bedingt: Nach dem Abitur machte Feldhaus zunächst eine Ausbildung zum Schreiner, bevor er dann im Zivildienst seine Liebe zur Medizin entdeckte. 1963 in Datteln geboren, war Münster ein buchstäblich nahe liegendes Ziel und „zum Glück habe ich dort auch direkt einen Studienplatz bekommen“, erzählt Feldhaus. Im Studium war die Arbeitsmedizin zunächst nicht primäres Berufsziel: Vielmehr faszinierte ihn die Orthopädie, auch wegen des Handwerklichen. Am damals europaweit einzigen Lehrstuhl für Technische Orthopädie unter der Leitung von Prof. René Baumgartner war er zunächst drei Jahre studentische Hilfskraft, bevor er dort 1993 mit einer Arbeit über die orthopädisch-technischen Aspekte von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte promoviert wurde. Anschließend hat er an derselben Klinik als „Arzt im Praktikum“ die für die Arbeitsmedizin erforderliche Weiterbildung begonnen.
Letztlich entschied er sich nämlich schon im Studium für die Arbeits- und Sozialmedizin – wegen der präventiven Ausrichtung, wie er selbst sagt: „Während die Orthopädie meist rein kurativ und reparativ arbeitet, kann die Arbeitsmedizin Erkrankungen verhindern“. Nach einigen Jahren als Oberarzt am Universitätsklinikum Essen ging Feldhaus vor 15 Jahren zu RWE und war seitdem bereits drei Mal für eine Umstrukturierung und Zentralisierung des arbeitsmedizinischen Sektors im Konzern federführend. Seit 2009 ist er als „Chief Medical Officer“ für die gesundheitliche Versorgung und Präventivmedizin des weltweit operierenden Konzerns zuständig. Daneben hat er 2011 nach über zehn Jahren Lehrauftrag die Lehre für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Duisburg-Essen komplett übernommen und steht dafür regelmäßig im Hörsaal.
Gesundheit ist für Feldhaus mehr als die bloße Abwesenheit von Krankheit: „Alle Mitarbeiter sollten in einem Zustand körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens sein“, verweist er auf die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nicht nur die körperlichen Belastungen müssten damit eingeschätzt und behandelt werden, auch die psychomentale Komponente am Arbeitsplatz könne heute nicht hoch genug bewertet werden: „Sich bei der Arbeit wohl zu fühlen, hat viel mehr mit einem guten Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten zu tun, als etwa mit einem richtig eingestellten Bürostuhl“, so Feldhaus.
Dies lässt sich unter anderem an den von ihm und seinem Team alle zwei Jahre durchgeführten Mitarbeiterbefragungen ablesen: Hierbei erhobene Gesundheits-, Motivations- und Führungsindices zeigen an, wie gesund und leistungsbereit die Mitarbeiter in ihrem Unternehmen sind. Die Ergebnisse stehen in direktem Zusammenhang mit den Krankenständen in der betreffenden Abteilung. „Hier setzt dann auch unsere Präventionsarbeit an“, so Feldhaus, „beispielsweise mit Seminaren und Coachings für Führungskräfte, aber auch mit arbeitsmedizinischen Maßnahmen moderner Prägung wie einem vorsorgenden Umgang mit Themen wie Burn-Out. Auch groß angelegte Kampagnen, etwa zur Darmkrebsvorsorge oder dem Umgang mit Pandemien, gehören zu Feldhaus‘ Aufgabenbereich. „Hier entwerfen wir vor allem Krisenpläne, beispielsweise für den Fall, dass plötzlich alle Mitarbeiter eines Kraftwerks an einer Pandemie erkranken“, schildert er. „Dabei muss der einzelne Mitarbeiter geschützt, gleichzeitig aber die Handlungsfähigkeit des Unternehmens als Stromversorger aufrechterhalten werden.“
Eine große Herausforderung, aber auch der für Feldhaus spannendste Aspekt seiner Arbeit: „Wenn der Spagat zwischen dem Individualschutz für den Einzelnen am Arbeitsplatz und der kollektiven Fürsorgepflicht für den gesamten Betrieb und die davon Betroffenen wie etwa Stromkunden gelingt, ist das gute Arbeitsmedizin“, so Feldhaus. Auch wenn er so mittlerweile fast nichts mehr mit seinem Promotionsfach Orthopädie zu tun hat, bleibt er der Stadt Münster weiter treu. Etwa einmal im Monat besuchen Feldhaus und seine Frau die Stadt, fahren Rad auf der Promenade oder bummeln über den Prinzipalmarkt. „Ich habe mir natürlich auch die Ausstellung über Gerhard Domagk an der Medizinischen Fakultät angesehen“, berichtet Feldhaus begeistert. „Solche Erlebnisse erzeugen ein Gänsehautgefühl. Wenn ich im Ruhestand bin, kommen meine Frau und ich auf jeden Fall nach Münster zurück – einmal Traumstadt, immer Traumstadt!“
(Mit diesem Bericht setzt der Alumni-Verein „MedAlum“ der Medizinischen Fakultät Münster seine Reihe von Porträts ungewöhnlicher „Ehemaliger“ fort. Die Hinweise stammen aus dem Absolventenregister von MedAlum.)
Nachtrag: Am 19. Juni 2015 hat die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Dr. Christian Feldhaus die Honorarprofessur verliehen. MedAlum gratuliert herzlich zu dieser Auszeichnung!