News
Muskelschwäche bei Intensivstation-Patienten: Münstersche Forscher finden potenziellen Therapieansatz
Münster (mfm/lt) – Durch das Corona-Virus hat sie neue Aktualität gewonnen: die „Critical Illness Myopathy” (CIM). So bezeichnen Fachleute eine Muskelschwäche, die häufig bei länger intensivmedizinisch behandelten Patienten auftritt. Bei einer schwer verlaufenden Covid19-Infektion beispielsweise müssen viele Patienten lange – teils über mehrere Wochen - künstlich beatmet werden. Bei bis zu 30 Prozent tritt darauffolgend eine CIM ein, was langfristige Lähmungserscheinen nach sich ziehen kann und die Entwöhnung vom Beatmungsgerät erschwert. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Prof. Wolfgang Linke, Leiter des Institutes für Physiologie II an der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, hat jetzt einen potenziellen Ansatz für die Behandlung einer Critical Illness Myopathy gefunden. Die Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Communications“ nachzulesen.
Durch seine Forschungen konnte das Team erstmals beschreiben, was in einem Organismus geschieht, wenn man im Skelettmuskel die Produktion des Muskelproteins Titin unterbindet. Dieses ist das größte Protein in Menschen und Wirbeltieren, gewährleistet im Muskel Stabilität sowie Elastizität und wirkt als Sensor der Muskelkraft. Die Forscher deaktivierten Titin in den Organismen von Mäusen und konnten nachweisen, dass nach drei bis vier Wochen die Muskelkraft der Tiere stark absank. Diese Erkenntnisse können nun in der Forschung zur CIM angewandt werden. Bei beatmeten Patienten führt die teilweise wochenlange und vollständige Ruhigstellung dazu, dass im Muskel kein Anreiz mehr für die Muskelproteinproduktion - und somit für das Muskelwachstum - besteht; die Titinfeder ist defekt. Die Folge: Das Muskelgewebe schwindet.
Die jetzt veröffentlichte Studie legt nahe, dass man einer Critical Illness Myopathy vorbeugen könnte, indem die peripheren Muskeln der Patienten während der Beatmungsphase gedehnt werden. Gerade im Hinblick auf die Corona-Pandemie und damit mehr zu beatmende Menschen stimmen die Ergebnisse der münsterschen Forscher optimistisch.