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Preisverleihung mit Hindernissen: Trägerin des Domagk-Preises landet in Munster statt in Münster
Münster (mfm/sw) – Mitunter sind es Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen. Diese Erfahrung kennt nun auch Dr. Ines Garces de los Fayos Alonso, Trägerin des diesjährigen Gerhard-Domagk-Preises: Um die Auszeichnung entgegenzunehmen, machte sie sich auf den Weg zur Universität Münster - dachte sie jedenfalls. Denn tatsächlich hatte die in Österreich tätige Forscherin eine Fahrt nach Munster in der Lüneburger Heide gebucht, wie sie eine Stunde vor der Veranstaltung erschrocken feststellte. Das spontane Eingreifen der MedDocs - IT-erfahrene Studierende der Medizinischen Fakultät - rettete die Situation: Die Ehrenamtler organisierten eine Video-Übertragung in den Hörsaal des Institutes für Pathologie, so dass die dort wartenden Gäste dennoch eine Preisverleihung erleben konnten, wenn auch eine der besonderen Art. Garces de los Fayos Alonso nahm ihren mit 10.000 Euro dotierten Preis der Gerhard-Domagk-Stiftung somit zunächst virtuell entgegen – und kann rückblickend über die Verwechslung schmunzeln.
Das Thema, für das sie ausgezeichnet wurde, klingt kryptisch und kennen nur Fachleute: ALCL. Hinter der Abkürzung verbirgt sich eine seltene Krebsform, die hauptsächlich Kinder und junge Erwachsene betrifft: Bei dem sogenannten anaplastisch-großzelligen Lymphom handelt es sich um eine Tumorerkrankung des Lymphgewebes; speziell sind die T-Zellen, das heißt, weiße Blutzellen, die der Immunabwehr dienen, betroffen. Zwar ist die Erstbehandlung zunächst erfolgreich, die Rückfallquote jedoch hoch. Und: Betroffene werden zunehmend resistent gegen die Behandlung. Ines Garces de los Fayos Alonso hat sich die Erforschung der seltenen Erkrankung zur Aufgabe gemacht – und einen Biomarker entdeckt, der für neue Therapieansätze relevant sein kann. Beeindruckt hat das auch die Gerhard-Domagk-Stiftung, die die junge Naturwissenschaftlerin mit ihrem Wissenschaftspreis ausgezeichnet hat.
Wenn die körpereigenen Abwehrzellen plötzlich krank werden: Beim ALCL werden die T-Zellen, die normalerweise für die Immunabwehr zuständig sind, angegriffen. Dabei wirkt der PDGFRß-Rezeptor als eine Art „Antenne“, die sich in der Membran der Zelle befindet: So kann der Rezeptor von außen Signale entdecken und diese nach innen weiterleiten. Dafür bedient sich er sich eines bestimmten Signalwegs, namentlich STAT5. Garces de los Fayos Alonso konnte in ihrer Studie nachweisen, dass die Hemmung des Rezeptors über STAT5 die Aggressivität der Krankheit reduziert. Ihr Vorschlag: PDGFRß als Biomarker etablieren – die Bestimmung der Expression des Rezeptors, sprich: wie häufig dieser in Erscheinung tritt, könne demnach Rückschlüsse auf die Aggressivität des Tumors erlauben. Daraus könnte sich ein neuer Therapieansatz für rückfällige Patientinnen und Patienten ergeben - wofür die gebürtige Brüsselerin nun ausgezeichnet wurde.
Nach ihrem Studium in Großbritannien zog es Garces de los Fayos Alonso 2016 für ihre Promotion in der Immunonkologie an die Universität Wien, wo sie seitdem in der Arbeitsgruppe für Experimentelle Pathologie von Prof. Lukas Kenner geforscht hat. Ihr Hauptaugenmerk gilt der Erforschung von komplexen Erkrankungen, insbesondere des ALCL. Die 28-Jährige wuchs in Jordanien und Litauen auf – ihr internationales Team und Arbeitsumfeld in Wien schätzt sie daher umso mehr.
Seit 2014 vergibt die in Münster ansässige Stiftung „Krebsforschung Prof. Dr. Gerhard Domagk“ wieder jährlich ihren Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen in der Krebsforschung. In Kooperation mit der Universitätsgesellschaft der Universität Münster und mit Unterstützung der Bayer Science and Education Foundation, die die Hälfte des Preisgeldes trägt, wird der Award jährlich bundesweit ausgeschrieben. Dies geschieht auch im Gedenken an den 1964 verstorbenen Namensgeber der Stiftung und bislang einzigen Nobelpreisträger aus den Reihen der Universität. Aktuelle Vorsitzende ist Prof. Eva Wardelmann, im Hauptberuf Direktorin des Gerhard-Domagk-Instituts für Pathologie in Münster.