X-chromosomal-rezessiv erbliche Ichthyosis
Diese Ichthyoseform ist die zweithäufigste mit einer geschätzten Häufigkeit in der Bevölkerung von 1:4 000. Die Erkrankung tritt geschlechtsgebunden auf, ist also nur im männlichen Geschlecht vorhanden. Frauen sind merkmalsfreie Überträgerinnen, die nur gelegentlich eine geringe Schuppung besonders an den Unterschenkeln aufweisen können.
Diese Ichthyoseform beginnt meistens im Säuglingsalter. Ein Teil der Patienten weist unmittelbar nach Geburt eine feine Schuppung auf. Hier findet sich meistens zunächst an den Unterschenkeln eine relativ helle Schuppung, ähnlich wie bei der Ichthyosis vulgaris. Mit zunehmendem Lebensalter wird die Schuppung dunkler und festhaftender und ist später schmutziggrau, dick und grobgefeldert. Die großen Körperbeugefalten sind ebenso wie bei der Ichthyosis vulgaris meistens ausgespart. Die Handflächen und Fußsohlen zeigen keine vermehrte Linienzeichnung. Als zusätzliche Merkmale finden sich gelegentlich Veränderungen der Hornhaut des Auges, die aber meistens keine Beschwerden verursachen. Ferner besteht bei etwa jedem fünften Betroffenen ein Hodenhochstand (Kryptorchismus). Außerdem besteht bei 20-40% eine Neigung zu Autismus und zu Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS).
Man kennt nicht nur den Ort im Erbgut, in dem der Fehler liegt, nämlich auf dem kurzen Arm eines der Geschlechtschromosomen, des sog. X-Chromosoms, sondern man weiß inzwischen genau, was dort defekt ist. An dieser Stelle ist im Erbgut die Kodierung für den Bau eines Enzyms mit dem Namen Steroidsulfatase gespeichert. Wenn die Matrize für diesen Bauplan einen Fehler aufweist (= Mutation), kann dieses Enzym nicht richtig gebildet werden. Dieses Enzym wird gebraucht für den Auf- und Abbau einer zementartigen Kittsubstanz, die zwischen den Hornzellen der äußersten Hautschicht liegt. Die Aktivität dieses Enzyms Steroidsulfatase lässt sich durch eine Blutuntersuchung feststellen.
Die Erkrankung tritt fast nur im männlichen Geschlecht auf, da Männer nur über ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom als Geschlechtschromosomen verfügen. Sie besitzen also kein zweites X-Chromosom wie Frauen, um genetische Fehler auf dem einen X-Chromosom auszugleichen. Frauen, da sie über zwei X-Chromosomen verfügen, können also Fehler in den Erbanlagen auf dem einen X-Chromosom durch die fehlerfreien Erbanlagen auf dem anderen X-Chromosom ausgleichen. Somit erkranken Frauen in der Regel nicht, können sie aber an ihre Söhne übertragen, die wiederum von der Ichthyose betroffen sind. Sehr selten können auch Frauen erkranken, wenn ausnahmsweise beide X-Chromosomen betroffen sind. Für Deutschland mit 83 Millionen Einwohnern erwartet man ca. 5 betroffene Frauen mit dieser Hautkrankheit. Dem stehen etwa 10.000 betroffene Männer gegenüber.