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„Trotz hoher Belastung ein faszinierender Beruf“: Mit exzellenter Lehre werben Chirurgen um mehr Nachwuchs

Richtig nähen: Auch das ist Inhalt des chirurgischen Skills Labs (Foto: FZ)

Münster (mfm/pc) - Medizinstudent Ali Chiar Scheikh schiebt eine dünne gebogene Nadel durch das Präparat aus Schweinehaut. Mit schwarzem Faden schließt er akribisch Stich für Stich einen etwa fünf Zentimeter langen Schnitt. „Eigentlich wollte ich Kardiologe werden“, sagt der 23-jährige. „In diesem Semester habe ich aber gemerkt, wie viel Spaß es mir macht, mit den Händen zu arbeiten. Als Operateur kann ich den Patienten viel direkter helfen. Chirurg zu werden, ist jetzt definitiv mein Berufswunsch.“ Ein immer seltenerer Satz bei angehenden Ärzten – weshalb sich Chirurgen schon in der Ausbildung intensiv um den Nachwuchs bemühen.
Mit der endgültigen Entscheidung kann sich Ali Chiar Scheikh noch Zeit lassen. Gerade absolvierte er wie alle Studierenden des 7. Medizin-Semesters an der Uni Münster ein Blockpraktikum in der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Doch der Funke der Begeisterung für die Chirurgie ist offenbar nicht nur auf ihn, sondern auf viele seiner Kommilitonen übergesprungen: Die Lehrveranstaltungen des Faches erhalten bei der vor einigen Jahren eingeführten Online-Bewertung überragende Noten von den Studierenden.
Mit ihrem Engagement für die Lehre treten die Uni-Chirurgen einem Trend entgegen: In Deutschland wird es künftig nicht nur allgemein zu wenig Ärzte, sondern insbesondere zu wenig Chirurgen geben. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Chirurgen (BDC) entscheiden sich derzeit lediglich fünf Prozent der Medizin-Absolventen für eine Facharzt-Weiterbildung in diesem Fach. Es müssten aber mindestens doppelt so viele sein, um die bis 2020 schätzungsweise 11.000 altersbedingt ausscheidenden Kollegen zu ersetzen.
„Die Studierenden sollen frühzeitig erkennen, ob ihnen die chirurgische Tätigkeit liegt und ob sie über das dafür nötige handwerkliche Geschick verfügen“, erläutert Dr. Jens Peter Hölzen. Gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. Thorsten Vowinkel und Dr. Sören Torge Mees koordiniert er die Lehre im Fach Chirurgie – und das mit großem Elan: „Ein besonders Highlight des Skills-Lab-Kurses ist die klinische Untersuchung des ‚Akuten Abdomens’. Dabei lernen die Studierenden an einem Simulationspatienten, wie sie vorgehen müssen, wenn jemand mit unklaren Beschwerden im Bauchraum eingeliefert wird. Nach diesem Kursblock trauen sich die meisten viel eher zu, eine solche Untersuchung selbständig vorzunehmen.“
Durchgeführt wird der chirurgische Kurs im „Studienhospital“ der Medizinischen Fakultät. Die Studierenden des 7. Semesters trainieren hier unter ärztlicher Anleitung praktische Fertigkeiten wie beispielsweise das Knoten, das Nähen von Wunden oder die Bauchspiegelung. „Neben der Beratung in medizin-didaktischen Fragen versuchen wir den Dozenten, die zugleich voll in den Klinikalltag eingebunden sind, alles Organisatorische abzunehmen. So können sie sich voll auf den Inhalt ihrer Lehrveranstaltung konzentrieren“, sagt Dr. Hendrik Friederichs vom Studienhospital. Die gute und enge Kooperation mit der Chirurgischen Klinik macht sich bezahlt: Im vergangenen Semester wählten die Studierenden das chirurgische Skills-Lab zur besten Lehrveranstaltung.
Viel mehr Anklang findet auch die chirurgische Vorlesung, seitdem eine Art „Tele-Dialog“ eingeführt wurde: Die Referenten stellen zwischendurch Fragen zu den besprochenen Inhalten, die die Studierenden mit Hilfe eines kleinen Senders beantworten können. „Wichtiger ist noch, dass die Studierenden nach jeder Vorlesungsstunde anonym eine Beurteilung abgeben. Wir Dozenten wechseln uns bei der Vorlesung ab, stehen also quasi im Wettbewerb. Da versucht natürlich jeder, eine Spitzenleistung zu erbringen“, berichtet Dr. Hölzen. Gute Leistungen in der Lehre zahlen sich für die chirurgische Klinik auch finanziell aus: Einrichtungen, die bei der Bewertung durch die Studierenden besonders gut abschneiden, erhalten von der Fakultät einen Bonus in Form höherer Zuweisungen.
Allerdings nützt auch eine exzellente Lehre wenig, wenn die Arbeitsbedingungen für Chirurgen nicht verbessert werden. „Insbesondere junge Frauen – und die stellen zurzeit die Mehrzahl der Absolventen - schrecken häufig vor der Weiterbildung zur Fachärztin zurück, weil die Arbeitsbelastung in der Chirurgie als besonders hoch gilt. Hier ist es wichtig, Familie und Beruf in Einklang zu bringen“, sagt Privat-Dozent Vowinkel, verantwortlicher Lehrkoordinator in der Chirurgie und selbst Vater von vier Kindern. „Als moderner Arbeitgeber streben wir danach, den Beruf für Frauen attraktiv zu gestalten. In unserer Klinik ist schon jetzt rund ein Drittel aller ärztlichen Mitarbeiter weiblich.“
Gelegenheit, solche drängenden Fragen direkt mit den Ärzten in der Chirurgie der Uni-Klinik zu besprechen, bietet die Veranstaltung „Meet the Professors“. Dazu laden Klinikdirektor Professor Dr. Norbert Senninger und seine ärztlichen Mitarbeiter die Studierenden des siebten Semesters jeweils ein. Senninger: „Dabei wollen wir mit den jungen Leuten in lockerer Atmosphäre ins Gespräch kommen und ihre Verbesserungsvorschläge sammeln. Von uns können sie umgekehrt aus erster Hand erfahren, was trotz der hohen Arbeitsbelastung den Reiz dieses Faches ausmacht.“

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